Sie müssen den Inhalt von reCAPTCHA - 4WP laden. Dieser Dienst schützt Websites vor Bots. Dieser Dienst sammelt und analysiert die Interaktionen eines Benutzers auf der Website und erstellt eine Punktzahl, die auf verdächtiges Benutzerverhalten hinweist.
Mehr Informationen
Um den wachsenden Bedarf an Wohnraum zu decken, muss mehr gebaut werden. Für die Kommunen ist mit dieser Aufgabe eine große Verantwortung für die Zukunft verbunden: Neubaugebiete müssen nicht nur den heutigen Standards – etwa beim Klimaschutz – entsprechen, sondern sollen perspektivisch die Anforderungen unterschiedlicher Generationen berücksichtigen.
In den Jahren 2016 bis 2019 verzeichnete das Statistische Bundesamt (Destatis) beim „Anstieg der Siedlungs- und Verkehrsfläche“ ein durchschnittliches Wachstum von 52 Hektar – pro Tag. Das sind immerhin rund vier Hektar weniger im Vergleich zum vierjährigen Mittelwert für die Jahre 2015 bis 2018. Vom angepeilten Ziel der Bundesregierung, den Flächenverbrauch auf täglich unter 30 Hektar zu senken, sind die Zahlen jedoch immer noch weit entfernt.
Die Kommunen stecken in dieser Hinsicht in einer Zwickmühle: Wohnraum ist meist knapp, die verfügbare Fläche in Städten und Gemeinden ebenso. Deshalb werden neue Baugebiete erschlossen.
Die vielleicht wichtigste Frage dabei lautet: Wie können diese Neubaugebiete im Hinblick auf Klimaschutz, Bedürfnisse unterschiedlicher Generationen und einen geringeren Flächenverbrauch zukunftsgerecht gestaltet werden?
Seit der Novelle des Baugesetzbuchs (BauGB) von 2011 ist die Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung von Städten und Gemeinden gesetzlich verankert. Die sogenannte Klimaschutzklausel verpflichtet die Kommunen dazu, einerseits der Klimakrise entgegenzuwirken und andererseits Maßnahmen für eine Anpassung an die sich verändernden klimatischen Verhältnisse zu ergreifen.
Betroffen von dieser Regelung sind auch neue Bebauungspläne. Darin müssen die Kommunen den Klimaschutz gleichwertig mit anderen Aspekten berücksichtigen. Zu den Anforderungen, die sich aus §1 Abs. 5 Satz 2 BauGB ergeben, gehören die folgenden Punkte:
Grundsätzlich sollten Kommunen der Innenentwicklung und Nachverdichtung den Vorzug geben, bevor sie neue Baugebiete ausweisen. Denn hierin liegen viele Potenziale, um Dorf- und Ortskerne wieder attraktiver zu machen. Neben der geringeren Flächenversiegelung sind aufgewertete Wohnquartiere oder eine verbesserte Nahversorgung nur einige Vorteile, die mit Hilfe dieser Vorgehensweise erreicht werden können.
Klar ist allerdings, dass die Voraussetzungen für ein solches Vorgehen nicht überall gegeben sind und die Ortsentwicklung häufig nur durch neue Bauflächen vorangetrieben werden kann.
Um die gesetzlichen Vorgaben bei der Ausweisung eines neuen Baugebiets zu erfüllen, haben die Kommunen verschiedene Möglichkeiten der Steuerung. Diese Instrumente greifen auf verschiedenen Ebenen.
Auf der stadtplanerischen Ebene räumt das Baugesetzbuch den Kommunen einige Freiheiten ein. Die juristischen Grundlagen hierfür sind jedoch komplex, da Festsetzungen zum Klimaschutz in das Grundeigentum eingreifen. Ob die Vorgaben den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen, muss daher im Einzelfall geprüft werden.
Manche Festsetzungen gelten daher als umstritten, einige sind aber auch anerkannt. Das betrifft beispielsweise die Bauweise, Gebäudehöhe, Firstrichtung, Dachform und -neigung für eine optimierte passive Solarenergienutzung etc. Bei absehbaren juristischen Streitfällen machen viele Kommunen Vorgaben für den Klimaschutz zum Bestandteil von städtebaulichen Verträgen oder Kaufverträgen.
Nach §11 (1) BauGB (Nr. 4 und 5) können städtebauliche und privatrechtliche Verträge genutzt werden, um die Festsetzungen von Bebauungsplänen zu ergänzen. Sie sind besonders dann ein gebräuchliches Steuerungsinstrument, wenn sich als notwendig angesehene Vorgaben nicht über den Bebauungsplan durchsetzen lassen.
Vor allem Anlagen und Einrichtungen, die Strom, Wärme oder Kälte zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung bereitstellen, sind vielfach Gegenstand von vertraglich verpflichtenden Vorgaben. Auf diese Weise lassen sich verschiedene energetische Standards – wie der Passivhaus-Standard – umsetzen. Auch die Auswahl von Baustoffen kann in solche Verträge aufgenommen werden.
Die Alternative zu Vorschriften sind Anreizsysteme für Klimaschutzmaßnahmen am Neubau. Hierzu gehören unter anderem Förderungen (zum Zweck der Energieeinsparung etc.), von denen die Bauwilligen direkt profitieren. Daneben besteht die Möglichkeit von Bonussystemen für energieoptimierte Neubaugebiete (sofern der Kommune das Bauland gehört).
Für die Grundstücksflächen wird dabei ein Energieaufschlag auf den Grundstückspreis berechnet. Wird eine energieoptimierte und/oder ökologische Bauweise umgesetzt, erstatten die Gemeinden diesen Preisaufschlag ganz oder teilweise. Als Referenz kann ein festgelegter Gebäudestandard oder ein Punktekatalog für Einzelmaßnahmen dienen. Notwendig ist allerdings die Qualitäts- und Ausführungskontrolle.
Die Umsetzungsquote der geforderten Klimaschutzmaßnahmen für Neubaugebiete ist je nach gewähltem Instrument unterschiedlich hoch. Laut Energie- und Umweltzentrum Allgäu liegt sie bei Vorgaben im Bebauungsplan sowie privatrechtlichen oder städtebaulichen Verträgen bei rund 100 Prozent. Gleichzeitig erfordert die Überprüfung keinen nennenswerten Aufwand, da nur der Energiestandard nachgewiesen werden muss. Die Nachteile: Vorgaben und höhere Grundstückspreise schrecken Interessierte ab, außerdem können sich Planungs- und Bauzeiten verlängern.
Anreizsysteme hingegen bringen meist nur eine Umsetzungsquote zwischen 30 und 60 Prozent. Zudem ist der Überprüfungsaufwand – gerade bei Punktekatalogen – deutlich größer.
Seit dem Frühjahr 2021 werden in Schleswig-Holstein die ersten Baugebiete im Rahmen des Sonderprogramms „Neue Perspektive Wohnen“ (NPW)gefördert. Das zweiteilige Programm richtet sich an verschiedene Akteure: Kommunen, Maßnahmenträger, Investoren und Privatpersonen können finanzielle Unterstützung erhalten.
Das Ziel der Förderung ist es, „Gemischtwarenläden-Baugebiete“ zu schaffen. Damit soll das bisher weit verbreitete Schema von Neubaugebieten aufgebrochen werden. Statt Einfamilien- und Doppelhäusern strebt das norddeutsche Bundesland eine größere Varianz und Vermischung an.
Vorgesehen sind deshalb Immobilien für unterschiedliche Wohnformen. Neben Eigenheimen sollen auch Mietwohnungen, Mehrfamilien- und Mehrgenerationenhäuser entstehen, um dem Bedarf bei der Wohnentwicklung besser Rechnung zu tragen.
Damit sind verschiedene Aspekte gemeint, die durch die NPW-Förderung stärker in den Fokus gestellt werden:
Grundvoraussetzung für die Zuschüsse des Landes ist eine Zertifizierung des Bebauungskonzepts, das NPW-Label. Hierfür wird ein Qualitätscheck durch einen eigens für diese Aufgabe berufenen Landesbeirat auf Fachebene durchgeführt.
Die Prüfung basiert auf einem Qualitätskatalog für Wohnquartiere, in denen ressourcen- und energiesparende gemischte Wohnformen umgesetzt werden. Neben dem Bau von Eigentum und Mietwohnungen kann das im Übrigen auch anteilig eine Bestandsmodernisierung beinhalten.
Die Fördergegenstände und die Höhe der Fördermittel unterscheiden sich je nach Programmteil, da sie sich an unterschiedliche Akteure richten.
Programm 1: Ihr Wohnquartier. Unsere Förderung. |
Programm 2: Ihr Wohneigentum. Unsere Förderung. |
Das Programm 1 richtet sich an Kommunen und deren Partner, also Bauträger und Investoren. Das grundlegende Ziel ist es, ungenutzte Entwicklungs- und Flächenpotenziale zu erschließen. | Das Programm 2 ist für Privatpersonen vorgesehen, die ein Haus in einem nach NPW-Vorgaben zertifizierten Quartier bauen oder erwerben möchten. Die Förderung ist für Eigentumswohnformen im Neubau mit einer energie-, flächen- und kostensparenden Bauweise vorgesehen. |
Fördergegenstand Mit dem Programm 1 bietet das Land Schleswig-Holstein Unterstützung für den gesamten planerischen Aufwand, der für die Herrichtung eines Baugebietes gemäß den Anforderungen eines gemischten Quartiers mit Mietwohnungsbau und Wohneigentum notwendig ist. Förderfähig ist somit auch der Aufwand, um ein leitbildbasiertes Gesamtkonzept zu erstellen. Konkret beinhaltet das die Vorbereitung und Erstellung
Zuschüsse gibt es für verschiedene Personal- und Sachausgaben (etwa für Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Erstellung des Bebauungskonzepts und des Gestaltungsplans, für zusätzlich eingesetztes Fachpersonal der Kommune etc.), für die Kosten der begleitenden Öffentlichkeitsarbeit, für Voruntersuchungen des Baulands, für Beratungen durch unabhängige Experten bzw. Fachgutachten etc. |
Fördergegenstand Gefördert wird mit dem Programm 2 selbstgenutztes Wohneigentum durch Neubau. Darunter fallen
Auch der Ersterwerb der genannten Immobilien ist förderfähig, sofern der Bau ab dem 1. Januar 2019 fertiggestellt wurde. |
Höhe der Förderung Vergeben wird ein Zuschuss von bis zu 50.000 Euro. |
Höhe der Förderung Als Investitionszuschuss steuert das Sonderprogramm eine Prämie von 6.000 Euro bei. Dieser Festbetrag ist kombinierbar mit anderen Förderungen des Landes Schleswig-Holstein sowie Programmen der KfW. |
Mehrere Projekte sind im Rahmen des NPW-Sonderprogramms inzwischen gestartet, weitere Gemeinden haben sich bereits für die Förderung angemeldet. Bislang nutzen vor allem Kommunen die Zuschüsse für die Erschließung neuer Wohngebiete. In Flensburg setzt eine Bauprojektgruppe das Wohnprojekt Freiland-Flensburg GbR mit Mitteln aus dem Programm 2 um.
Anhand der Projekte, die dem Programm 1 zuzuordnen sind, lässt sich die Umsetzungsvielfalt erkennen, die im Rahmen der Förderung möglich ist:
In vielen Fällen können die Kommunen die Forderung nach einem möglichst geringen Flächenverbrauch dadurch erfüllen, dass sie für die Neubaugebiete auf Konversionsflächen zurückgreifen. Vormals genutzte und nun brachliegende Grundstücke werden durch eine Umwidmung oder Nutzungsänderung für den Wohnbau zugänglich gemacht.
Die Städte und Gemeinden tragen damit zum Ziel Schleswig-Holsteins bei, die weitere Versiegelung des Bodens bis 2030 auf 1,3 ha pro Tag zu senken. Die Projekte des NPW-Sonderprogramms zeigen, wie sich die zahlreichen Anforderungen an zukunftsgerechte Baugebiete mit lokalen Gegebenheiten und Bedürfnissen verbinden lassen.
Quellen:
Energie- und Umweltzentrum Allgäu (eza): Leitfaden für zukunftsgerechte Neubaugebiete.
https://energieagenturen.de/wp-content/uploads/2021/09/210915_Sambale_Leitfaden_Neubaugebiete.pdf
Neue Perspektive Wohnen: Die Landesförderung für neue Quartiere.
https://www.neueperspektivewohnen.de
Förderdatenbank des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz: Sonderprogramm „Neue Perspektive Wohnen“ – Förderrichtlinie 1 – Wohnquartiere.
https://www.foerderdatenbank.de/FDB/Content/DE/Foerderprogramm/Land/Schleswig-Holstein/sonderprogr-neue-perspektive-wohnen-fr-1-wohnquart.html
Zukunftsgerechte Wohnformen & Services: Ein Praxisleitfaden für nachhaltige Entwicklung im ländlichen Raum am Beispiel des Landkreises Germersheim.
https://www.kreis-germersheim.de/kv_germersheim/Unsere%20Themen/Senioren%20-%20Altenhilfe/Neues%20Wohnen%20im%20Alter/Leitfaden_Zukunftsgerechte_Wohnformen_Services_2_Auflage.pdf
Statistisches Bundesamt (Destatis): Siedlungs- und Verkehrsfläche wächst jeden Tag um 52 Hektar.
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/04/PD21_209_412.html;jsessionid=6E32C886B7E673C474E67F1A74AF51A6.live732
Bilder:
Bild 1: Adobe Stock © Jürgen Flächle
Bild 2: Adobe Stock © Fotolyse
Bild 3: Adobe Stock © keBu.Medien
Bild 4: Adobe Stock © Kara
Bild 5: Adobe Stock © Andreas Gruhl
Bild 6: Adobe Stock © elxeneize
Bild 7: Adobe Stock © ARochau
Parc d’Activité Syrdall 48, rue Gabriel Lippmann L-6947 Niederanven FON +352.28 67 65 01 FAX +352.28 67 65 20 shop@abes-online.com
Sie müssen den Inhalt von reCAPTCHA laden, um das Formular abzuschicken. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten mit Drittanbietern ausgetauscht werden.
Mehr Informationen