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Stadtplanung und Identität

Städte sind, in den allermeisten Fällen, gewachsene Gebilde. Was im Gesamtbild oft willkürlich und zufällig anmutet, ist im Grunde eine Abfolge von Veränderungen, die zum jeweiligen Zeitpunkt ihrer Entstehung ein sinnvoller Eingriff in die vorgefundenen urbanen Strukturen waren – immer orientiert an den Voraussetzungen, Anforderungen und Möglichkeiten.

Seit einigen Jahren steht der urbane Raum wieder verstärkt im Fokus städteplanerischer Überlegungen, bei denen ganz unterschiedliche Interessen einfließen. Nicht immer geht es bei geplanten Veränderungen um Funktionalität oder Ästhetik. Ein elementarer Aspekt ist die Identität, die die Einwohner aus „ihrer“ Stadt beziehen und die sie ihr umgekehrt geben. Städtische Identität ist das, was die Menschen an einem bestimmten Ort miteinander verbindet. Doch mit ihr verhält es sich wie mit den Städten selbst: Sie ist gewachsen, ständig im Wandel und keineswegs homogen.

Identität als Teil der Stadtplanung

So komplex das Gesamtgebilde einer gewachsenen Stadt ist, so komplex ist auch die Aufgabe, Veränderungen und Umwandlungen unter solchen Bedingungen zu planen und zu gestalten.

Die verschiedenen Dimensionen der Stadtplanung

Die erste Schwierigkeit besteht bereits auf sprachlicher Ebene, denn es ist sehr wohl zwischen Stadtplanung und Stadtentwicklung zu unterscheiden. Bei letzterem handelt es sich um einen nicht unbedingt selbsterklärenden Begriff, vielmehr beinhaltet er schon eine Vielzahl von Aspekten: Es geht um sämtliche Prozesse innerhalb eines urbanen Raums, womit sich die Tragweite der Begrifflichkeit andeutet.
Stadtentwicklung umfasst damit räumliche, demografische, ökonomische und gesellschaftliche Abläufe und deren Auswirkungen auf die Struktur einer Stadt. Daher ist es auch absolut legitim, in unterschiedlichen Zusammenhängen von Stadtentwicklung zu sprechen:

  • In der Stadtbaugeschichte ist damit die historische Perspektive gemeint.
  • Als Aufgabengebiet der Stadtverwaltung ist der Begriff als Planungsaufgabe zu verstehen.
  • Denkbar ist Stadtentwicklung außerdem als Oberbegriff für die Gesamtheit der Entwicklungstendenzen – beobachtete wie zu erwartende – in einer Stadt.
  • Daneben hat sich eine vierte Verwendung etabliert, nämlich die als Leitvorstellung. Stadtentwicklung wird dann unter einen allgemeingültigen Grundsatz gestellt, an dem sich alle Maßnahmen und alles Handeln im urbanen Kontext zu orientieren haben.

Stadtplanung und Identität Infografik 1 Hamburg HafenCity

Bereits aus dieser knappen Beschäftigung mit dem Stadtentwicklungsbegriff lassen sich unterschiedliche Dimensionen ableiten. Naheliegend, weil jederzeit sichtbar, ist die baulich-räumliche Dimension – in ihr manifestiert sich das Wachstum der Stadt. Kaum weniger wichtig und im Prinzip nicht davon zu trennen sind die funktionale Dimension – wie werden Stadträume genutzt, wie könnten sie genutzt werden? – sowie die gesellschaftliche Dimension, also die vielen Facetten des „Stadtlebens“.

Nachfolgend steht vor allem der Planungsgedanke im Vordergrund, obwohl die Übergänge zu anderen Bedeutungsebenen von Stadtentwicklung fließend sind. Wie „weich“ die inhaltlichen Grenzen tatsächlich sind, lässt sich an einem Blick auf die verschiedenen Perspektiven verdeutlichen, an denen sich konkrete planerische Vorhaben orientieren müssen:

  • FunktionalitätEs geht in diesem Bereich nicht nur um die unterschiedlichen Funktionen urbaner Räume, sondern genauso um die Frage, ob die verschiedenen Nutzungen untereinander verträglich sind. Es geht auch darum, mit der Konzeption zu gewährleisten, dass es eine eindeutige Adressbildung für die jeweils vorgesehenen Nutzungen gibt.
  • ÄsthetikEin subjektives Kriterium, das noch dazu sich verändernden Vorlieben unterworfen ist. Bezogen auf die Architektur gilt es deshalb zu prüfen, ob die angestrebten Lösungen nicht nur zeitgemäß, sondern generell angemessen sind und, ob ihre Funktion gestalterischen Ausdruck erhält. Gleichzeitig gehört aber auch eine angenehme Raumatmosphäre in diesen Bereich.
  • VielfaltEine Stadt ist kein homogenes Gebilde, weshalb ein Mix verschiedener Nutzung erforderlich ist. Gemeint ist außerdem, wie weit es im urbanen Gefüge soziale, kulturelle und rechtliche Mischungen gibt. Es stellt sich darüber hinaus die Frage nach räumlicher und atmosphärischer Vielfalt.
  • FlexibilitätFlexibilität schlägt sich in vielen Aspekten nieder, beispielsweise in der unterschiedlichen Nutzung einer Baustruktur. Unterschiedliche Realisierungsstrategien, unabhängige Entwicklung von Projektbausteinen, das Ausweichen auf Standortalternativen mit einzelnen dieser Bausteine ohne eine Beeinträchtigung des Gesamtkonzepts sind weitere Beispiele für den Faktor Flexibilität in der Stadtentwicklung.
  • RessourceneffizienzNachhaltigkeit ist ein zunehmend wichtig werdender Faktor in der Stadtentwicklung, weswegen Aspekte wie Wiederverwertbarkeit, Folgenutzungen, bestehende ökologische und energetische Standards genauso eine Rolle spielen wie Ressourcenschonung, im Zweifelsfall durch eine Eingriffsvermeidung – eine (Neu-)Strukturierung des öffentlichen Raums etwa ist mit vergleichsweise geringem Aufwand bei gleichzeitig hohem ästhetischen Wert umsetzbar, mit Absperrpfosten und Pollern lassen zum Beispiel sehr verschiedene Anforderungen der Stadtplanung erfüllen.
  • StrukturwirksamkeitIm Idealfall sind einzelne Konzeptbausteine aufeinander bezogen und ergeben ein harmonisches Gesamtkonzept – nur so sind Synergieeffekte nach innen und Ausstrahlungseffekte nach außen zu erreichen.
  • ProzessfähigkeitStadtplanung ist vielfach kein Top-Down-Ansatz mehr, vielmehr geht es darum, geplante Maßnahmen durch unterschiedliche Beteiligungs- und Mitwirkungsformen bestätigen und mitgestalten zu lassen. Dazu müssen derartige Vorhaben aber mit großer Wahrscheinlichkeit im Prozess verändert und in andere Richtungen entwickelt werden können, unter Umständen in verschiedenen Realisierungsetappen.
  • RealisierbarkeitDarunter fallen nicht allein die notwendigen finanziellen Mittel und Befugnisse, sondern außerdem die Option für unterschiedliche Partner bei der Realisierung und einige weitere Faktoren.
  • WirtschaftlichkeitKommunale Haushalte sind eine häufig kritische Angelegenheit, Kostenrahmen für Stadtplanungsprojekte entsprechend wichtig. Dazu gilt es unter anderem, kostenrelevante Risiken im Voraus zu prüfen, ebenso wie laufende Kosten für die Nutzung und Instandhaltung. Im Bereich Stadtmobiliar helfen die technologischen Innovationen von Abes dabei, diese Kostenfaktoren zu minimieren.
  • IdentitätOrientierungspunkte für zukünftige Entwicklungen sind neben all diesen Aspekten auch Fragen der unverwechselbaren Identität einer Stadt: Wie kann der historisch geprägte Stadtgrundriss ausreichend berücksichtigt werden, wie wirken sich Projekte auf die bekannte Silhouette der Stadt aus?

Orientierungspunkte für zukünftige Entwicklungen sind neben all diesen Aspekten auch Fragen der unverwechselbaren Identität einer Stadt: Wie kann der historisch geprägte Stadtgrundriss ausreichend berücksichtigt werden, wie wirken sich Projekte auf die bekannte Silhouette der Stadt aus?
Was dabei noch gar nicht geklärt ist – wodurch sich die städtische Identität überhaupt auszeichnet. Zwar ist das Stadtbild mit markanten Bauten und Denkmälern nicht unerheblich für den einzigartigen „Charakter“ einer Stadt – man denke nur an die Metropolen der Welt und deren Wahrzeichen – allerdings wächst Identität nicht allein aus der Architektur heraus.

Die verschiedenen Dimensionen von städtischer Identität

Genauso wenig, was bei der Beschränkung der Identität einer Stadt auf ihr gebautes Erscheinungsbild allerdings allzu leicht passiert, wirkt diese nur nach außen. Städtische Identität ist aber zu einem großen Teil etwas, das nach innen wirkt, das die Menschen mit „ihrer“ Stadt verbindet. Was man als „Wesen der Stadt“ bezeichnen könnte, wird heute marketingtauglich zum „Image“, zum Ruf, den die Stadt bei ihren Bewohnern und bei ihren Besuchern hat.

Aber auch damit ist der Begriff der städtischen Identität nicht hinreichend erklärt, denn sie ist die Summe unterschiedlicher Faktoren:

  • Sie äußert sich als „Wir-Gefühl“ der Bewohner, dass sich aus der Erfahrung aus Krisensituationen und damit einhergehenden Lernprozessen entwickelt – zusammen mit dem Bewusstsein für den eigenen Charakter der Stadt.
  • Städtische Identität ist immer sozial konstruiert: Es sind nicht die Gebäude, Straßen, Parks etc., sondern die Menschen, die ihre Vorstellung der Stadt entwickeln und inszenieren – und zwar nicht nur in baulicher Form. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass die Identität einer Stadt niemals homogen, sondern vielfältig und konkurrierend mit anderen Entwürfen ist.
  • Umgekehrt braucht es aber einen gewissen sozialen Konsens, um überhaupt von städtischer Identität sprechen zu können. Sie bleibt dann trotzdem veränderbar, muss an verschiedene Situationen und Entwicklungen angepasst und womöglich immer wieder erneuert und gefestigt werden, ohne jemals vollkommen starr zu sein.
  • Identität entsteht auch – gerade im Hinblick auf das historische Werden von Städten – auf der Ebene der Funktion (als Hauptstadt, Industriestadt, Universitätsstadt usw.) ebenso wie über das Vorhandensein einzigartiger architektonischer Leistungen: Wie sich Geschichte, Symbole und Architektur zu einem identitätsstiftenden Ganzen formen und welche Wirkung dieses Ganze auf die Menschen haben kann, hat sich erst kürzlich beim Brand der Kathedrale Notre-Dame in Paris gezeigt. Die Bedeutung des Bauwerks geht dabei weit über die Funktion als Kirche oder als international berühmtes Beispiel gotischer Baukunst hinaus.
  • Voraussetzung für die Identitätsbildung im Zuge der Stadtplanung – um Identität zu stärken oder auch zu verändern – ist wegen der starken sozialen Verankerung immer eine aktive, selbstbestimmte Öffentlichkeit. Ein neuer Identitätsentwurf hat daher nur dann Aussicht auf Akzeptanz, wenn er gemeinsam mit den betroffenen Bewohner*innen und deren Vorstellungen entwickelt wird.

Das österreichische OPK – offene PlanerInnenkollektiv, Verein für Landschaftsplanung, Kunst, Kultur und Umweltpädagogik verweist in einem Werkstattbericht zu den Prozessen der Identitätsbildung auf Grätzelebene – die österreichische Bezeichnung für einen Teil eines Wohnviertels – außerdem auf die drei Ebenen, die bei dieser Identitätsbildung im Zusammenhang mit einem bestimmten, in diesem Fall urbanen Raum eine Rolle spielen:

  1. Die Identifikation des Raums – in diesem Werkstattbericht die betreffenden Grätzeln, etwas umfassender ein Stadtteil oder gar die Stadt selbst.
  2. Die Identifikation der Person in diesem Raum.
  3. Die Identifikation der Person mit dem Raum.

Das Ergebnis der OPK-Untersuchung zum Verhältnis von Raum zu Identität ist dabei eindeutig, denn der (öffentliche) Raum trägt ganz klar zur Identitätsbildung bei.

Stadt und Heimatgefühl

Ähnlich wie mit der städtischen Identität verhält es sich auch bei Heimatgefühlen, die mit einer bestimmten Stadt verbunden sind. Zumindest sind die Voraussetzungen ganz ähnlich, was etwa das subjektive Empfinden und die soziale Konstruiertheit anbelangt. Heimatgefühl wie Identität müssen darüber hinaus gleichermaßen ständig geprüft werden: Die historische Dimension von Stadtentwicklung deutet bereits an, dass sich Stadt, Identität und Heimatgefühl in ständiger Veränderung befinden.

Der Verlust historischer Bausubstanz in Folge stadtplanerischer Umwandlungen ist eine solche Veränderung. Sie bedeutet mitunter, dass sich auch bekannte Raumsymbole ändern, dass sie und wichtige Identifikationspunkte verloren gehen. Für die Bindung der Menschen an ihren Wohnort sind diese Aspekte jedoch immens wichtig – allerdings auf sehr unterschiedliche Weise.

Stadtplanung und Identität Infografik 2 Beirut

Das zeigt sich vor allem dann, wenn die Vorstellungen verschiedener Generationen in der Frage aufeinanderprallen, was ihre Stadt für sie zur Heimat macht, was ihre Identität ausmacht. Ein klassisches Beispiel für dieses Dilemma sind die vielerorts aufkommenden Diskussionen über Rekonstruktionen historischer Bauten, besonders prominent beim Wiederaufbau des Berliner Schlosses.
Der Wunsch, das Bild der (historischen) Berliner Mitte wiederherzustellen, wurde kontrovers diskutiert: Historismus warfen Kritiker dem Projekt vor, ein Wiederbeleben preußischer Herrschaft, die doch in so krassem Gegensatz zur heutigen Demokratie steht. Nicht zu vergessen der Umgang mit der DDR-Vergangenheit, die in Form des Palastes der Republik an gleicher Stelle bereits weichen musste und die jetzt mit einem barocken Denkmal einfach überbaut wird.

Nichtsdestotrotz – die Rekonstruktion des Schlosses soll 2019 fertiggestellt werden (verschiedene Bereiche wohl erst 2020), die Auseinandersetzung mit ihrer Bedeutung für die Berliner Identität (und das deutsche Selbstverständnis) wird dann wohl eher kein Ende finden. Aber auch das gehört zur Identitätsfindung nun einmal dazu. Heimat, das lässt sich an diesem Beispiel erkennen, liegt am Ende immer im Auge des einzelnen Betrachters und ist mit völlig unterschiedlichen Empfindungen und Vorstellungen verbunden. Für die Stadtplanung bleibt das die große Herausforderung.

Identitätsbildung „im Kleinen“

Was angesichts solcher „großen“ Debatten, die auch überregionale Wirkung erzielen, nicht vergessen werden sollte: Identitätsbildung findet sehr viel häufiger „im Kleinen“ statt, in überschaubaren urbanen Räumen. Ein zunehmend wichtigerer Faktor sind hierbei die Quartiere, die oftmals schon aufgrund historischer Zusammenhänge – etwa die Ansiedlung bestimmter Berufsgruppen an einem Ort etc. – ihren eigenen baulichen Charakter haben und sich auch sonst in verschiedenster Weise voneinander unterscheiden können.

Sie sind deshalb so wichtig, weil sie häufig der unmittelbare Bezugspunkt für die Identitätsbildung sind. Hier leben, arbeiten, kommunizieren die Menschen miteinander, hier entsteht am einfachsten ein Wir-Gefühl, hier lässt sich – schlicht wegen des engeren Rahmens – Stadtentwicklung leichter an den Bedürfnissen der Menschen orientieren. Was nicht zuletzt daran liegt, dass diese Entwicklung in vielen Fällen von den Menschen in ihren Quartieren selbst getragen wird.

Stadtplanung und Identität Infografik 3 Augsburg

Die Stadt als Gesellschaftsentwurf und Geschichtsspeicher

Stadtplanung und Identität sind bisweilen eine komplizierte Verbindung. Was hauptsächlich damit zu tun hat, dass städtische Identität immer auch einen rückwärts gerichteten Blick beinhaltet: Den Blick auf das, was war, auf das, was die Stadt zu dem gemacht hat, was sie heute ist. Stadtplanerische Überlegungen sind eher diesem Heute, mehr noch aber dem Morgen verschrieben und stellen deswegen das Gewesene oft in Frage.

Zwangsläufig muss das zu Diskussionen führen, wie etwa die Pläne zur Neugestaltung der historischen Berliner Mitte oder zum Schicksal des Potsdamer „Instituts für Lehrerbildung“ zeigen. Zweifellos funktioniert die Stadt und ihr Erscheinungsbild als Geschichtsspeicher, der seinen Anteil an der Identitätsstiftung hat. Gleichzeitig ist auch dieses Erscheinungsbild aus einer wechselhaften Geschichte entstanden und war vielfältigem Wandel unterworfen.

Für die Städteplaner entstehen aus diesen Widersprüchen häufig schwierige Voraussetzungen, um Veränderungen konsensfähig zu machen.

Städte als Kinder ihrer Zeit

Stadtentwicklung zielt immer auf gegenwärtige Probleme ab und versucht diese möglichst nachhaltig mit Blick auf die Zukunft zu lösen. Das kann aber nur gelingen, wenn ein grundlegendes Verständnis für die gewachsenen baulichen Strukturen einerseits sowie die sozialen Zusammenhänge andererseits vorhanden ist. Das Problem dabei: Lange Entwicklungslinien sind für die Bewohner der Gegenwart, selbst bei einer innigen Identifikation mit ihrer Heimatstadt, nicht immer gänzlich nachvollziehbar.

Was gleichwohl nicht bedeutet, dass sich viele deutsche Städte ihrer Vergangenheit sehr wohl bewusst sind und sie fest mit ihrer Identität verwoben haben: In vielen deutschen Städten ist das mittelalterliche und frühneuzeitliche Erbe noch durchaus präsent, wenn nicht sogar die antiken Wurzeln.

Das ändert aber nichts daran, dass alle diese Städte teils erhebliche Verwandlungen durchgemacht haben, weil sie immer auch mit den Problemen der jeweiligen Zeit zurechtkommen mussten. Die Gratwanderung zwischen notwendiger Erneuerung und Erweiterung einerseits und dem Bewahren des bereits Gewachsenen gehört dabei zu den wiederkehrenden Themen, so wie es Schrumpfung und Wachstum tun.

Industrialisierung: Städte zu Metropolen

Schlagartiges Wachstum etwa erfuhren viele Städte im Zuge der Industrialisierung, die sich Ende des 19. Jahrhunderts spät, dafür aber umso rascher zu großen Industriezentren ausdehnten. Die ersten entstehenden Metropolen brachten neue Strukturen und neue Probleme mit sich: Arbeiterviertel entstanden ebenso wie Industriegebiete. Deutliche Unterschiede zwischen Zentrum und Peripherie wuchsen heran, vor allem auf der sozialen Ebene.

Soziale, hygienische und infrastrukturelle Probleme machten es geradezu notwendig, planerisch in die Entwicklung der Stadt einzugreifen, um etwa Wasser- und Energieversorgung zu gewährleisten oder Zu- und Abwassersysteme sowie Straßen und verschiedene Mobilitätsformen zu integrieren usw. Die Stadt wurde zunehmend als ein Ganzes verstanden, das nur durch ganzheitliche Planung funktionieren konnte. Der Beginn des 20. Jahrhunderts läutete in vielen Bereichen eine Zeit weitreichender Modernisierung ein.

Stadtplanung und Identität Infografik 4 Hiroshima

Wiederaufbau und Dezentralisierung nach dem 2. Weltkrieg

Die damit verbundenen Errungenschaften gingen in weiten Teilen in Folge des Zweiten Weltkriegs verloren, Stadtentwicklung bedeutete nach Kriegsende Wiederaufbau. Unter den Eindrücken der Bombardierungen wurde auf der baulichen Ebene das Konzept einer gegliederten, aufgelockerten Stadt mit Durchgrünung gefördert, während auf der funktionalen Ebene alles im Zeichen der Dezentralisierung stand: Mit dem Beginn der 1970er Jahre gingen die Regierungsbehörden entsprechend nach Bonn, Handelszentren wurden Hamburg und Düsseldorf, Finanzmetropole Frankfurt, Versicherungen wurden in Köln und München angesiedelt, wo außerdem Kultur und Publizistik konzentriert waren.

Insgesamt war in den Städten – eine Folge des wirtschaftlichen Aufschwungs und des Glaubens an den technischen Fortschritt – eine Umwandlung im Gange, vor allem in den Zentren. Verdichtung und Kommerzialisierung, zeitgemäße und autogerechte Bebauung waren die bestimmenden Themen der Stadtentwicklung, es war die Zeit von Vorstadteigenheimen und Plattenbauten.

Die neuen Schwarmstädte

In der jüngeren Vergangenheit spielen knapper Wohnraum in den Städten und die Suche nach Arbeitsplätzen eine größere Rolle bei der Planung und Gestaltung der Stadt der Zukunft. Neben den Metropolen hat die Wohnortwahl der jüngeren Generationen sogenannte Schwarmstädte hervorgebracht: Städte also, deren Attraktivität für Menschen mit gleichen Interessen und Vorstellungen groß genug ist, dass sie sich dort niederlassen und für einen teils erheblichen Zuwachs der Bevölkerung sorgen.

Für die Entwicklung und Planung dieser Städte gilt es deswegen, die besonderen Stärken – als Digital-, Wissenschafts- oder Technologiestandort – herauszuarbeiten. Immerhin gilt es unter anderem, für die ansässige Wirtschaft die notwendigen Fachkräfte „anzulocken“. Identität und Image werden daher unter diesen Gesichtspunkten angepasst werden müssen.

Rekonstruktion und historisches Erbe als Grundlagen der Stadtplanung

In aktuellen Fragen der Stadtplanung steht häufig die Suche nach Lösungen für bezahlbaren Wohnraum im Vordergrund, während in ländlicheren Gegenden die Zahl der Leerstände wächst. Akute Probleme verlangen nach schnellen Antworten. Das Bedürfnis nach gestalterischen und wiedererkennbaren Werten muss dann hinter schnellstmöglicher Realisierung und ökonomischen Belangen zurückstehen.

Stadtplanung und Identität Infografik 5 Bamberg

Dabei zeigt gerade das diesjährige Jubiläum des Bauhauses, wie nachhaltige architektonische Lösungen aussehen können. Obwohl bereits 100 Jahre alt, gelten die Schöpfungen aus der Bauhaus-Schule nach wie vor als modern und dennoch zeitlos. Damit haben sie weit älterer Bausubstanz gegenüber einen erheblichen Vorteil, deren Erhaltung und Integration in die gegenwärtige Stadtentwicklung als schwierig empfunden wird.

Dabei gilt es, den Blick nicht nur auf den kulturellen Wert von Bestandsarchitektur zu richten, sondern auch auf den ökologischen und ökonomischen. Sie ist eine wichtige Ressource, einerseits um die bestehenden Bedürfnisse der wachsenden Städte zu befriedigen und andererseits für die Identität in diesen Städten. Alter Bausubstanz wohnt damit ein maßgebliches Potenzial inne, um bei der Gestaltung urbaner Zukunft eine Rolle zu spielen: Um gewachsene Strukturen und Bezugspunkte zu vertiefen, um Vielfalt zu gewährleisten, um Ressourcen zu schonen – und selbstverständlich auch, um den Städten ihren Charakter, ihre Identität zu erhalten.

Quellen:
Stadtentwicklung
Stadtentwicklung erklärt, urban-digital.de/stadtentwicklung/

Urbane Identität
Identität bauen. Positionen zum Wesen unserer gebauten und gelebten Umwelt, Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, DL_IdentitaetBauen.pdf
Städtische Identität. Vielfalt in den Zentren von Klein- und Mittelstädten – sozialräumliche Integration, städtische Identität und gesellschaftliche Teilhabe, Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e.V., 2016-04-27_kuder_vortrag.pdf
Identität und Raum. Beiträge des öffentlichen Freiraums zu Prozessen der Identitätsbildung auf Grätzelebene, OPK – offenes PlanerInnenkollektiv, Verein für Landschaftsplanung, Kunst, Kultur und Umweltpädagogik, b008481.pdf
Baukultur Berich. Erbe – Bestand – Zukunft 2018/19, Bundesstiftung Baukultur, baukulturbericht201819.pdf

Fallstudien
Die HafenCity Hamburg. Identät, Nachhaltigkeit und Urbanität, DP_Identitaet__Nachhaltigkeit_und_Urbanitaet_final3.pdf
Stadt und Identität zwischen Corporate Identity und Dekonstruktion. Am Fallbeispiel „Quartier an der Stadtmauer“ in Bamberg, Bachelorarbeit_Kundmueller_Text.pdf

Bilder
Titelbild: fotolia.com © eyetronic
Bild Beirut: fotolia.com © marcociannarel
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Bild HafenCity: fotolia.com © powell83
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