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Leitlinien für eine gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung in Europa

Mit der ersten Leipzig-Charta wurde 2007 der Grundstein für eine nachhaltige Stadtentwicklungspolitik in Europa gelegt. Dreizehn Jahre später, angepasst an neue Herausforderungen, entstand die Neue Leipzig-Charta, die eine gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung in den Vordergrund stellt.

Die Neue Leipzig-Charta für die nachhaltige Transformation der Städte


Marktplatz, Speyer, Rheinland-Pfalz, Deutschland

Was ist die Neue Leipzig-Charta?

Aktuelle Leitlinien für die Herausforderungen der Stadtentwicklung in Europa

Die Stadt als Ausgangspunkt und als Ziel von nachhaltiger Entwicklung, demokratischer Kultur, Regierungsführung und Verwaltungsorganisation: Städte und Gemeinden sind Treiber gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und umweltbezogener Innovationen. Die Grundlage dafür ist eine nachhaltige, integrierte Entwicklungspolitik, in der soziale, ökonomische und ökologische Zielsetzungen miteinander verbunden werden.

Um die damit verknüpften Herausforderungen – Klimawandel, Ressourcenknappheit, demografischer Wandel, soziale Ungleichheit, wirtschaftlicher Wandel – meistern zu können, formulierte die erste Leipzig-Charta von 2007 eine neue Idee der Europäischen Stadt. Sie ist Ausdruck eines gemeinsamen Stadtverständnisses der EU-Mitgliedsstaaten.

Im Kern dieser Idee standen von Anfang an die Mit- und Selbstbestimmung der Bürger, die Nutzungsmischung, soziale und kulturelle Integration und die Entwicklung des öffentlichen Raums. Wichtige Aspekte waren und sind außerdem Klimaschutz, Baukultur und gute urbane „Governance“.


Rennes centre ville

Neue Leitlinien mit einer Neuen Leipzig-Charta

Die zwei wesentlichen Forderungen der Leipzig-Charta von 2007 lauteten:

  • Stärkung der Ansätze einer integrierten Stadtentwicklungspolitik überall in Europa;
  • mehr politische Aufmerksamkeit für benachteiligte Stadtquartiere innerhalb der gesamtstädtischen Zusammenhänge.

Die Ziele der Leipzig-Charta von 2007 bleiben relevant, aber die veränderten Rahmenbedingungen durch Umwelt-, Technik- und Gesellschaftsentwicklungen erforderten Anpassungen. Die am 30. November 2020 verabschiedete Neue Leipzig- Charta berücksichtigt diese Veränderungen.

Sie dient als Leitlinie, um Krisenfestigkeit, kommunale Handlungskompetenzen und vor allem die Gemeinwohlorientierung in der europäischen Stadtentwicklungspolitik zu stärken. Wir stellen einzelnen Handlungsdimensionen und Prinzipien vor.


Die drei räumlichen Ebenen europäischer Städte

Stadtentwicklungsmaßnahmen für verschiedene räumliche Kontexte

Eine Stadt fügt sich aus verschiedenen räumlichen Ebenen zusammen, die ihre jeweils eigenen Anforderungen an die Entwicklungspolitik stellen. Die Herausforderung besteht darin, Maßnahmen auf diese unterschiedlichen Bedürfnisse hin abzustimmen und zugleich das kohärente Ineinandergreifen auf allen räumlichen Ebenen. Hier identifiziert die Neue Leipzig-Charta drei verschiedene räumliche Ebenen.

DIE DREI RÄUMLICHEN EBENEN
Quartiersebene Kommunale Ebene Funktional zusammenhängende Räume
Städtische Herausforderungen machen sich im Alltag am häufigsten auf der Ebene der Quartiere bemerkbar. Die Handlungsfelder in den Stadtvierteln können dabei stark variieren: Das Spektrum reicht von sozialen Spannungen, Armut, Umweltbelastungen und Gentrifizierung bis hin zum Mangel an bezahlbarem Wohnraum.

Die Stadtentwicklungspolitik sollte auf der Quartiersebene das soziale Engagement im Viertel unterstützen. Daraus entstehen ein stärkerer gesellschaftlicher Zusammenhalt und die Basis für funktionierende Integration. Eine langfristige Stabilisierung bei komplexen und vielfältigen sozioökonomischen Problemlagen ist hingegen vor allem mit gezielten Förderungen zu erreichen.

Die Quartiersebene eignet sich gleichzeitig sehr gut, um innovative Ansätze der Stadtentwicklung (etwa im Bereich Partizipation) zu testen.

Die Kommunen sind aus zwei Gründen wichtig für erfolgreiche Stadtentwicklungsmaßnahmen:

  • Zum einen setzen sie die Entwicklungspolitik vor Ort durch und sind dabei verantwortlich für strategische Leitlinien und konkrete Maßnahmen.
  • Zum anderen vermitteln sie als Bindeglied zwischen Stadtquartieren und größeren funktional zusammenhängenden Räumen.

Die Kommunen wirken darüber hinaus bis hinein in das Umland und den ländlichen Raum, wo sie ebenfalls stabilisierende Funktionen einnehmen. Ein wichtiges Anliegen der Stadtentwicklung auf kommunaler Ebene ist die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Städten und Regionen unterschiedlicher Größe.

Unter funktional zusammenhängenden Räumen sind Regionen, Gebietskörperschaften oder Metropolräume zu verstehen. Sie zeichnen sich durch eine komplexe Vernetzung von funktionalen Abhängigkeiten und Partnerschaften aus.

Die Neue Leipzig-Charta empfiehlt für eine wirksame, realistische Stadtentwicklungspolitik die Zusammenarbeit der Kommunen für das Gemeinwohl der Menschen. Dazu gehört unter anderem eine Abstimmung politischer Strategien und Instrumente, nicht zuletzt im Hinblick auf die Entwicklung des ländlichen Raums.

Bestimmende Themen für diese übergreifenden Räume sind: Wohnen, Gewerbeflächen, Mobilität, Dienstleistungen, grüne und blaue Infrastruktur, Materialströme, lokale und regionale Ernährungssysteme und die Energieversorgung.


Die drei Dimensionen europäischer Städte

Leitlinien für die gerechte, grüne und produktive Stadt

In der Neuen Leipzig-Charta werden drei Handlungsdimensionen für die europäische Stadtentwicklungspolitik besonders hervorgehoben. Denn eine nachhaltige Entwicklung ist nur möglich, wenn soziale, ökologische und wirtschaftliche Belange gleichermaßen berücksichtigt werden. Die Charta betont die transformative Kraft der Städte, um in allen diesen Bereichen positive Veränderungen herbeizuführen, die letztlich über das städtische Umfeld hinaus wirken können.

DIE DREI HANDLUNGSDIMENSIONEN
Die gerechte Stadt Die grüne Stadt Die produktive Stadt
Bei der gerechten Stadt geht es darum, allen Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrem Alter, ihrer Herkunft oder ihrem sozioökonomischen Status Chancengleichheit und die Möglichkeit zur Integration in die Gesellschaft zu bieten. Gleiches gilt für Umweltgerechtigkeit.

Im Rahmen der Stadtentwicklung bedeutet das, für alle gesellschaftlichen Gruppen einen gleichberechtigten Zugang zu ermöglichen zu

  • Dienstleistungen der Daseinsvorsorge wie Bildung (auch im Hinblick auf Aus- und Weiterbildung sowie lebenslange Weiterbildung), sozialen Dienstleistungen (insbesondere Kinderbetreuung und Schulen), Gesundheitsversorgung und kulturellen Angeboten;
  • angemessener, sicherer und bezahlbarer Versorgung mit Wohnraum und Energie.

Maßnahmen der Entwicklungspolitik sollten deshalb darauf ausgerichtet sein, die Bedürfnisse verschiedener gesellschaftlicher Gruppen zu berücksichtigen. Sie richten sich an

  • ältere Menschen,
  • Menschen mit Behinderung,
  • junge Menschen,
  • Familien,
  • Menschen mit sehr unterschiedlichen sozialen und ethnischen Hintergründen.

Das Ziel sollten deshalb sozial ausgewogene und gemischte Stadtquartiere sein, die gute Voraussetzungen für eine Integration all dieser Personengruppen bieten.

Die grüne Stadt dreht sich um verschiedene Themen wie Klimawandel, hohe Umweltqualität und nachhaltige Flächennutzung. Im Zentrum stehen Möglichkeiten, um die Städte resilienter gegen die Auswirkungen des Klimawandels zu machen und gleichzeitig klimaneutral zu gestalten. Ansatzpunkte hierfür gibt es in vielen Bereichen:

  • eine klimaneutrale Energieversorgung mit erneuerbaren Energien,
  • die Nutzung von erneuerbaren Ressourcen und das Etablieren einer urbanen Kreislaufwirtschaft,
  • multimodale, emissionsarme Verkehrs- und Mobilitätssysteme mit einem hohen Anteil an öffentlichem Nah-, Fuß- und Radverkehr.

Dichte polyzentrische Stadtstrukturen verkürzen die Wege für die Menschen, um die Bedarfe des täglichen Lebens abzudecken – und reduzieren so den Mobilitätsbedarf und das Verkehrsaufkommen. Ein prominentes Beispiel hierfür ist etwa die Zielsetzung der 15-Minuten-Stadt in Paris.

Hochwertige blaue und grüne Infrastrukturen erfüllen in der grünen Stadt gleich mehrere wichtige Funktionen. Sie helfen dabei, Extremwetterereignisse besser aufzufangen, sie fördern die Biodiversität und schaffen ein gesundes, lebenswertes Umfeld für die Menschen durch die Einbindung attraktiver Grün- und Freizeitflächen.

Die produktive Stadt versteht die Neue Leipzig-Charta als wesentlichen Bestandteil der Stadtplanung. Denn eine breit aufgestellte Wirtschaft ist wiederum die Voraussetzung für Arbeitsplätze und eine solide finanzielle Ausstattung der Städte für eine nachhaltige Entwicklung.

Um einen attraktiven, wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort zu schaffen, braucht es eine innovationsfreundliche Umgebung etwa für digitale, dienstleistungsorientierte Wirtschaftszweige oder Möglichkeiten für die lokale und regionale Produktion.

Ein wichtiges Stichwort in diesem Zusammenhang ist Multifunktionalität. Sie soll beispielsweise eine Nahversorgung vor Ort gewährleisten und die verschiedenen urbanen Funktionen miteinander verbinden. Statt einer Trennung von Wohnen, Arbeiten und Erholung sollen in der produktiven Stadt diese Bereiche mit produzierendem Gewerbe, Einzelhandel und Dienstleistungen stärker räumlich verbunden werden.

Als wichtige Möglichkeiten, um solche nutzungsgemischten Stadtquartiere zu realisieren, nennt die Charta unter anderem die Ansiedlung von Kleinbetrieben, emissionsarmer handwerklicher Produktion und urbaner Landwirtschaft. Indem die Produktion wieder stärker in die Städte zurückgeholt wird, entsteht überhaupt erst die Voraussetzung dafür, dass Innenstadtbereiche in multifunktionale Räume umgewandelt werden können.


Die fünf Schlüsselprinzipien guter Stadtentwicklungspolitik

Fünf Grundsätze für eine nachhaltige Entwicklung

Bereits die erste Leipzig-Charta von 2007 formulierte Prinzipien für die Stadtentwicklung. Wie die Charta selbst, wurden sie 2020 in der Neuen Leipzig-Charta noch einmal aktualisiert und angepasst. Die grundlegende Forderung lautet, dass die angestrebte Transformation der Städte und die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele von UN und EU nur möglich ist, wenn alle Akteure auf allen Ebenen und aus allen Bereichen zusammenarbeiten. Die fünf Schlüsselprinzipien der Leipzig-Charta bilden für diese Zusammenarbeit die Grundlage.

DIE FÜNF SCHLÜSSELPRINZIPIEN GUTER STADTENTWICKLUNGSPOLITIK
Gemeinwohlorientierung Gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung stellt die Verfügbarkeit von Gesundheitsversorgung, sozialen Dienstleistungen, Bildung, Wohnen und öffentlicher Infrastruktur sicher. Die Kommunen tragen die Verantwortung, diese Angebote zu gewährleisten.
Zur Gemeinwohlorientierung zählen außerdem attraktive öffentliche Räume, grüne und blaue Infrastrukturen sowie das Erhalten bzw. Revitalisieren von Baukultur.
Es gilt, öffentliche, wirtschaftliche und private Interessen mit geeigneten Strategien und Instrumenten miteinander zu vereinbaren.
Integrierter Ansatz Mit dem integrierten Ansatz soll sichergestellt werden, dass alle für die Stadtentwicklung relevanten Belange und Interessen gleichzeitig und gerecht Berücksichtigung finden – selbst, wenn es Widersprüche gibt. Die Herausforderung besteht deshalb in der räumlichen, sektoralen und zeitlichen Koordination von Maßnahmen.
Der Vorteil liegt wiederum darin, dass der wechselseitige Nutzen von verschiedenen stadtentwicklungspolitischen Maßnahmen stärker genutzt werden kann. Integrierte Konzepte sollten immer im Gesamtkontext von Stadtquartieren, Stadt und funktional zusammenhängenden Räumen betrachtet werden.
Beteiligung & Koproduktion Ein integrierter Ansatz beruht auf der Einbeziehung aller Akteure, um Entwicklungsprozesse besser auf unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse hin abstimmen zu können. Öffentliche Beteiligungsprozesse, in denen beispielsweise die Bürger stärker Einfluss auf Maßnahmen nehmen können, die ihren Alltag betreffen, sind zwar mit einem höheren organisatorischen Aufwand verbunden. Sie stärken aber die lokale Demokratie und die Bereitschaft, sich aktiver mit Fragen der Umgestaltung und der Unterhaltung städtischer Räume auseinanderzusetzen.
Mehr-Ebenen-Kooperation Zusammenarbeit fordert die Neue Leipzig-Charta auch für die verschiedenen politischen Verwaltungsebenen, von der kommunalen Ebene bis zur globalen. Vor allem bei komplexen Herausforderungen sollten alle Verwaltungsebenen inklusive Zivilgesellschaft und Privatwirtschaft gemeinsam agieren. Die Empfehlung lautet, sowohl „Bottom-up“- als auch „Top-down“-Ansätze zu verfolgen und eine vertikale und horizontale Kooperation zwischen allen Ebenen und Akteuren zu schaffen.
Ortsbezogener Ansatz Trotz der historischen und vertikalen Zusammenarbeit zielt der integrierte Ansatz auf spezifische räumliche Bezugspunkte ab. Die Einbindung aller Akteure und die Berücksichtigung ihrer Interessen im Gesamtkontext sind entscheidend. Stadtentwicklungskonzepte und Förderinstrumente funktionieren nur, wenn sie auf die spezifischen Gegebenheiten der jeweiligen Orte zugeschnitten sind. Lokale Bedingungen müssen daher immer in Planungs- und Entwicklungsprozesse einbezogen werden

Quellen:

Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung BBSR (Hg.): Neue Leipzig-Charta. Die transformative Kraft der Städte für das Gemeinwohl (Fassung vom 30. November 2020)
https://www.nationale-stadtentwicklungspolitik.de/NSPWeb/DE/Plattform/macht-Stadt-gemeinsam/nlc_infopaket/nlc_infopaket_artikel/nlc_pocket.pdf?__blob=publicationFile&v=6

Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg: Die Neue Leipzig-Charta. Grundlagen, Themen, Projekte
https://www.nationale-stadtentwicklungspolitik.de/NSPWeb/DE/Plattform/macht-Stadt-gemeinsam/nlc_infopaket/nlc_infopaket_artikel/nlc_bw.pdf?__blob=publicationFile&v=2

Nationale Stadtentwicklungspolitik: Meilensteine: Zur Entstehung der Neuen Leipzig-Charta
https://www.nationale-stadtentwicklungspolitik.de/NSPWeb/DE/Initiative/Leipzig-Charta/Entstehungspozess-Leipzig-Charta/entstehungspozess-leipzig-charta.html

Bilder:

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