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Wo viele Mobilitätsformen neben- und miteinander konkurrieren, ist Sicherheit immer ein akutes Thema. Besonders an Kreuzungen birgt der Straßenverkehr für alle Verkehrsteilnehmer große Risiken. Die Gestaltung der Knotenpunkte ist daher ein Schlüsselfaktor, um diese Gefahren zu reduzieren – für die Verkehrsplanung eine komplexe Aufgabe.
Für das Jahr 2020 verzeichnete das Statistische Bundesamt (Destatis) einen deutlichen Rückgang bei Unfällen im Straßenverkehr. Es gab insgesamt 10,6 Prozent weniger Todesopfer; die Zahl der Verletzten ging im Vergleich zu 2019 sogar um 14,7 Prozent zurück.
Trotz des erfreulichen Trends bedeuten diese Zahlen aber auch, dass 2.724 Menschen ihr Leben im Straßenverkehr verloren haben und rund 328.000 Verkehrsteilnehmer verletzt wurden.
Trotzdem ist es problematisch, den Straßenverkehr als solchen zum Risikofaktor zu erklären. Zum Beispiel deswegen, weil bei Unfällen im Straßenverkehr fast immer menschliches Fehlverhalten eine Rolle spielt. Laut der Initiative „Runter vom Gas“ des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) lag der Anteil dieser Unfallursache im Jahr 2019 bei 91,4 Prozent.
Vor allem bei Vorfahrt und Vorrang sind eher die Verkehrsteilnehmer selbst der Risikofaktor. Innerorts ist das Missachten der Vorfahrtsregelungen sogar die zweithäufigste Unfallursache. Dazu kommen Unfälle beim Ab- und Einbiegen sowie beim Kreuzen von Straßen.
Nach Angaben des ADAC machten diese beinahe ein Viertel der Verkehrsunfälle aus (Abbiegen: 8 Prozent; Einbiegen und Kreuzen: 15 Prozent; Zahlen laut ADAC-Unfallforschung für das Jahr 2017). Vor allem durch das Übersehen von anderen Verkehrsteilnehmern kommt es dabei zu Zusammenstößen.
Abgesehen vom menschlichen Fehlverhalten sind die Sichtverhältnisse ein zentraler Aspekt, der zur Unfallhäufigkeit beiträgt – und an Kreuzungen und Einmündungen zudem zur Schwere der Unglücke. Gründe hierfür gibt es verschiedene:
Die verkehrsplanerischen Möglichkeiten, die zur Entschärfung gefährlicher Kreuzungs- und Einmündungssituationen beitragen können, werden seit vielen Jahren diskutiert. Design-Beispiele aus den Niederlanden oder Dänemark gelten als Referenzen, um verschiedenen Mobilitätsformen ein gleichberechtigtes und sicheres Miteinander zu garantieren. Doch auch diese Modelle sind nicht frei von Nachteilen.
Eine Herausforderung sind Kreuzungen nicht zuletzt deshalb, weil an ihnen die gesamte Bandbreite der denkbaren Mobilitätsformen zusammenkommt: Motorisierter Individualverkehr, Krafträder, Radverkehr, öffentlicher Personennahverkehr und selbstverständlich Fußgänger. Allen diesen Verkehrsteilnehmern ist daran gelegen, mit größtmöglicher Sicherheit eine Straßenkreuzung nutzen zu können.
Unter anderem bedeutet das, sehr unterschiedliche Sicherheitsbedürfnisse in Einklang bringen zu müssen. Das Konzept der „geschützten Kreuzung“ ist auch deshalb ein vieldiskutiertes.
Schwierig ist in diesem Zusammenhang beispielsweise die Frage nach der objektiven Sicherheit der Infrastruktur und wie diese von den Verkehrsteilnehmern subjektiv wahrgenommen wird. Vor allem bei der Gestaltung von Radverkehr-Infrastruktur ist die Wahrnehmung ein zentraler Faktor.
Weil Radfahrer – genau wie Fußgänger – im Vergleich zu anderen Verkehrsteilnehmern ungeschützt sind, spielen die baulichen Aspekte im Straßenverkehr für sie eine größere Rolle: Umfragen des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) zeigen, dass baulich getrennte Radwege durchaus ein Gefühl der Sicherheit verbreiten. Anders etwa als Straßen ohne markierte Radfahrstreifen – hier fühlen sich Radfahrer am unsichersten.
Für die Gestaltung von konfliktarmen Kreuzungen gibt es verschiedene technische Regelwerke, die Verkehrsplanern eine Reihe von Mitteln an die Hand geben. Zu den verfügbaren Maßnahmen für Verkehrsknotenpunkte zählen unter anderem:
Die technischen Regelwerke sind dabei als Orientierungshilfe zu verstehen. Sie bieten zwar Lösungen an, allerdings obliegt es schlussendlich den Planern, welche Maßnahmen sich innerhalb der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten am besten umsetzen lassen. Zudem gilt es, die Kompetenzen und Bedürfnisse der verschiedenen Verkehrsteilnehmer zu berücksichtigen.
„Ich würde mir sehr wünschen, dass die Nahmobilität im Fokus steht und kein Verkehrsträger bevorzugt wird. Letztendlich geht es immer um ein Zusammenspiel unterschiedlicher Mobilitätsformen.“
Jana Kühl, Professorin für Radverkehrsmanagement an der Ostfalia Hochschule Salzgitter
Genau hierin liegt jedoch die besondere Schwierigkeit: Allen Verkehrsströmen gerecht zu werden, ist in der Praxis eine komplexe Aufgabe. Für ein sicheres Kreuzungs-Design ist es außerdem unerlässlich, dass die Belange der ungeschützten Verkehrsteilnehmer – nämlich Radfahrer und Fußgänger – priorisiert in die Planung und Umsetzung einfließen.
Als mögliche Lösungsansätze werden in diesem Zusammenhang vor allem das dänische und das niederländische Modell für die Gestaltung von sicheren Knotenpunkten diskutiert.
Dänemark und vor allem Kopenhagen gelten international als Maßstab für die Förderung des Radverkehrs. Rund 1.000 Kilometer Radwege stehen allein in der Hauptstadt zur Verfügung, ein beträchtlicher Teil davon sind Radschnellwege. Jeder vierte Kopenhagener ist in seinem Berufsalltag statistisch gesehen Fahrradpendler.
Die Stadt verfolgt seit den 1980er Jahren konsequent eine Strategie der Radverkehrsförderung und ist in dieser Hinsicht zu einem Aushängeschild avanciert – regelmäßig gehört Kopenhagen zur Spitze der fahrradfreundlichsten Städte der Welt. In der Verkehrsplanung genießt der Radverkehr daher eine gewisse Vorrangstellung, ohne den motorisierten Verkehr verdrängt zu haben.
Dieser ist im Gegenteil nach wie vor sehr präsent, auch wenn die Stadt mittelfristig auf einen geringeren Anteil am gesamten Verkehrsaufkommen hinarbeitet. Das ehrgeizige Ziel, zur klimaneutralen Stadt zu werden, ist in dieser Hinsicht die treibende Kraft.
Das Kopenhagener Radwegenetz besteht in der Hauptsache aus Einrichtungsradwegen, die in Fahrtrichtung auf jeder Fahrbahnseite eingerichtet sind. Laut geltender Richtlinien müssen diese mindestens 1,70 Meter breit sein, tatsächlich sind sie häufig breiter. Stark frequentierte Wege weisen gelegentlich sogar eine Breite von bis zu vier Metern auf.
Um entlang der Radstrecken für Sicherheit zu sorgen, setzt die Stadt auf Hochbordradwege. Das heißt, zwischen Radweg und Fahrbahn für den Kfz-Verkehr verlaufen bis zu neun Zentimeter hohe Bordsteine als Trennung. Absenkungen der Radwege an Einmündungen gibt es übrigens nicht, die Radfahrer sind durchgängig auf demselben Höhenniveau unterwegs.
Ein kritischer Faktor bleiben selbst in einer fahrradfreundlichen Stadt wie Kopenhagen die innerstädtischen Straßenkreuzungen. Um diese besser abzusichern, wurden vergleichsweise einfache Maßnahmen ergriffen, die sich im Grunde kaum von den in Deutschland eingesetzten Mitteln unterscheiden:
Eine optimale Lösung bietet das dänische Modell trotz der vorgenommenen Maßnahmen nicht. Problematisch sind zum Beispiel nach wie vor die Sichtverhältnisse beim Rechtsabbiegen.
Dass dem Radverkehr auf den Kopenhagener Straßen prinzipiell mehr Aufmerksamkeit entgegenkommt, kann Unfälle trotzdem nicht vermeiden. Was nicht zuletzt daran liegt, dass die Infrastruktur den Radfahrern ohne Schwierigkeiten Geschwindigkeiten um die 20 Stundenkilometer erlaubt. Dies sorgt an Kreuzungen für zusätzliches Konfliktpotenzial.
Neben Dänemark gelten die Niederlande als Vorreiter, wenn es um den Ausbau des Radverkehrs und die sichere Gestaltung der Verkehrsinfrastruktur geht. Das sogenannte „niederländische Modell“ für Knotenpunkte hat allerdings nicht nur Befürworter und wird in Deutschland seit einigen Jahren kontrovers diskutiert.
Grundsätzlich sind auch die niederländischen Radwege als Hochbordradwege angelegt und somit baulich vom motorisierten Straßenverkehr getrennt. Entscheidende Unterschiede zeigen sich bei der Gestaltung von Kreuzungssituationen:
Gemäß den Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA 2010) darf das Konzept „Rundumgrün“ in Deutschland nur für den Fußgängerverkehr genutzt werden. Für den Radverkehr gilt die Maßnahme als unverträglich.
In den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010) tauchen die sicheren Kreuzungen nach niederländischem Vorbild noch nicht auf, sie verweisen lediglich auf ähnliche Optionen. Das mag auch damit zusammenhängen, dass mit dem Konzept nicht nur Vorteile verbunden sind. Kritisiert werden die Schutzkreuzungen etwa von der UDV (Unfallforschung der Versicherer) im öffentlichen Diskurs mit dem ADFC unter anderem wegen:
Häufig wird zudem darauf verwiesen, dass auch das niederländische Modell das Problem der schwierigen Sichtverhältnisse nicht ausreichend lösen kann.
Was die anhaltende Debatte um die Schutzkreuzungen in jedem Fall zeigt: Es gibt bislang keine Standardlösung, mit der die Unfallrisiken an jedem Knotenpunkt beseitigt werden können. Dennoch zeigen sowohl die dänischen als auch die niederländischen Ansätze innovative Elemente auf, die zu einer sichereren Gestaltung von Straßenkreuzungen beitragen können.
Dass das niederländische Modell in Deutschland und anderen Ländern bislang die Ausnahme ist, liegt nicht zuletzt an den vielfältigen Ausgangslagen, mit denen sich die Verkehrsplaner auseinandersetzen müssen. Vor diesem Hintergrund ist die Schutzkreuzung eine mögliche Herangehensweise.
Wie beispielsweise der Hovenring in Eindhoven zeigt, sind kreative Lösungen für mehr Sicherheit durchaus in vielen unterschiedlichen Formen realisierbar. Sie müssen aber zu den jeweiligen Voraussetzungen vor Ort passen. Dabei können auch begleitende Maßnahmen helfen: etwa weniger Parkflächen oder Tempolimits. Dann ist mehr Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer möglich.
https://www.adfc.de/artikel/kreuzungsdesign-aus-den-niederlanden
Darmstadt fährt Rad: Wunderlösung Schutzkreuzung? – Teil 1 und 2
https://www.darmstadtfaehrtrad.org/?p=2446
https://www.darmstadtfaehrtrad.org/?p=2594
Deutscher Verkehrssicherheitrat (DVR): „Wir müssen mehr über Lösungen sprechen“ – Interview mit Deutschlands erster Radprofessorin.
https://www.dvr.de/aktuelle-infos/wir-muessen-mehr-ueber-loesungen-sprechen
Fahrradportal Nationaler Radverkehrsplan: Kreuzungsdesign. Kreuzungen attraktiv und sicher gestalten.
https://nationaler-radverkehrsplan.de/de/forschung/schwerpunktthemen/kreuzungsdesign
Hegerfeld, Ansgar: Kopenhagen – Licht und Schatten der „Fahrradhauptstadt“
https://www.zukunft-mobilitaet.net/168677/analyse/kopenhagen-radverkehr-gute-und-schlechte-elemente-reportage/
Schwab, Arndt: Radwege und niederländische Kreuzungen: Keine Wunderlösung
https://www.mobilogisch.de/41-ml/artikel/265-niederlaendische-kreuzungen-rechtsabbieger.html
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