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Mehr InformationenGüter- und Lieferverkehr sind von zentraler Bedeutung für die Versorgung der Städte und ihrer Bewohner*innen. Für die Verkehrsinfrastruktur bedeuten sie allerdings auch zusätzliche Probleme, vor allem eine noch stärkere Auslastung der Straßen. Neue Logistikkonzepte sollen deshalb für Entlastung in vielen Bereichen sorgen – weniger Verkehr, weniger Emissionen, mehr Effizienz.
Der Liefer- und Güterverkehr ist unerlässlich für funktionierende Städte. Dabei geht es nicht allein um Kurier-, Express- und Paketdienste (KEP), obwohl diese in den vergangenen Jahren zunehmend in den Fokus gerückt sind. Die urbane Logistik muss vieles leisten, Anlieferungen für verschiedenste Branchen sind nur ein Aspekt.
Für die Vielfalt der Leistungen und Empfänger*innen des städtischen Güterverkehrs gibt es im Hinblick auf die genutzte Infrastruktur aber nur eine Lösung: die städtischen Straßen. Hier muss der Güterverkehr allerdings nicht nur mit dem privaten Autoverkehr konkurrieren, sondern sich gleichzeitig mit fehlenden oder mangelhaften Voraussetzungen für eine effiziente Durchführung auseinandersetzen.
3,7 Milliarden Tonnen
an Gütern wurden laut Statistischem Bundesamt
über die Straßen transportiert.
Hinweis: Innerhalb des Güterverkehrs gilt es zu unterscheiden, so wie es unter anderem das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) tut. In dessen Güterkraftverkehrsstatistik sind beispielsweise nur große Fahrzeuge berücksichtigt. Damit sind Lastkraftfahrzeuge für über 3,5 Tonnen Nutzlast sowie Sattelzugmaschinen gemeint – also andere Fahrzeuggrößenordnungen als sie für den KEP-Bereich üblich sind.
Wie schwerwiegend die Problematik ist, verdeutlicht ein Blick auf die Zahlen aus dem Jahrbuch 2019 des Statistischen Bundesamtes:
Zu unterscheiden sind hierbei der gewerbliche Verkehr und der Werkverkehr. Letzterer macht, bezogen auf die gesamte Gütertransportmenge, jedoch weniger als ein Drittel aus: Auf den gewerblichen Verkehr entfielen rund 2,5 Milliarden Tonnen.
Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes kamen im Jahr 2019 insgesamt 264,7 Millionen Lastfahrten mit einer zurückgelegten Gesamtstrecke von 23,5 Milliarden Kilometern zusammen. Außerdem wurden insgesamt 155,3 Millionen Leerfahrten durchgeführt.
Die KEP-Branche für sich genommen liefert ähnliche Zahlen. Mit fast 3,7 Milliarden Sendungen im Jahr 2019 setzte sich der Trend der vergangenen Jahre weiter fort, die Gesamtsendungsmenge wächst demnach weiterhin jährlich an. Das gilt vor allem für den B2C-Bereich. Sendungen an private Verbraucher*innen haben seit 2009 um 20 Prozent zugelegt, auf der anderen Seite ist der B2B-Bereich auf 30 Prozent geschrumpft.
Daraus lässt sich aber keineswegs eine schwindende Bedeutung der KEP-Dienste für gewerbliche Kund*innen ableiten. Rund 1,6 Milliarden Sendungen aus dem Jahr 2019 waren dem B2B-Segment zuzuordnen. Das macht mehr als 5 Millionen Sendungen pro Tag, mit denen über 2 Millionen Unternehmensniederlassungen beliefert wurden.
Beim Leistungsvergleich zwischen Güter- und Personenverkehr – also zwischen Tonnenkilometern einerseits und Personenkilometern andererseits – zeigt sich nach beinahe zwei Jahrzehnten ein eindeutiger Trend: Der Güterverkehr liegt deutlich vor dem Personenverkehr, wie aus den Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht.
Vor allem in Ballungsräumen, wo der Güterverkehr wichtige Funktionen der Ver- und Entsorgung übernimmt, ist die allgemeine Entwicklung des steigenden Verkehrsaufkommens daher besonders problematisch. Die letzte Meile wird zunehmend zu einer logistischen Herausforderung.
Die Veränderungen im urbanen Güter- und Lieferverkehr sind aber nicht allein auf ein höheres Verkehrsaufkommen in den Innenstädten zurückzuführen. Sie unterliegen vielmehr größeren Entwicklungstendenzen und Trends – technologisch, ökonomisch, sozial und politisch.
Einer dieser Trends ist das anhaltende Wachstum des Online-Handels, mit ihm sind weitere Aspekte wie die Erwartungen von Kund*innen, kürzere Lieferzeiten und einige mehr verbunden. Sie alle müssen für die zukünftige urbane Logistik berücksichtigt werden.
Der Online-Handel wächst weiter, nach Angaben des Handelsverbands Deutschland (HDE) sogar zweistellig um 11 Prozent zwischen 2018 und 2019. Bemerkenswert ist daran nicht nur die Wachstumsrate an sich, sondern ebenfalls die Tatsache, dass diese im Vergleich zu den vergangenen Jahren wieder angestiegen ist.
Der Online-Umsatz stieg dadurch auf 59,2 Milliarden Euro, einen großen Anteil daran hatten Marktplätze wie Amazon, Zalando, About You und andere. Deren Wachstumsrate lag bei zusammen 19,6 Prozent noch einmal deutlich über dem Durchschnitt. Ein weiterer Grund für das anhaltende Wachstum im E-Commerce besteht in der zunehmenden Bedeutung neuer Warengüter, die bislang mehrheitlich über den stationären Einzelhandel bezogen wurden. Gemeint sind damit die sogenannten Fast Moving Consumer Goods (das sind unter anderem Lebensmittel, Getränke, Tabakwaren, Putz-, Wasch- und Reinigungsmittel, Körperpflegeprodukte, Medikamente etc.).
Die Ursache hierfür liegt wiederum im Kaufverhalten der Verbraucher*innen. Obwohl es – insbesondere in den Städten – eine weitreichende Versorgung mit Fast Moving Consumer Goods über stationäre Filialen gibt, werden diese Güter immer häufiger online gekauft. Vor allem Lebensmittel sind in diesem Zusammenhang ein entscheidender Faktor. Ihr Anteil an Online-Käufen nimmt weiter zu, mit größeren Wachstumsraten als im Nonfood-Bereich.
15,5 Prozent
Wachstum konnten Food-Sortimente 2019 bei Online-Käufen laut Handelsverband Deutschland im Vergleich zum Vorjahr vorweisen – gegenüber einem Umsatzzuwachs von 10,8 Prozent bei Nonfood-Sortimenten.
Dass die Konsument*innen verstärkt auch Güter für den alltäglichen Gebrauch online bestellen, hat in erster Linie mit Bequemlichkeit zu tun. Ein wichtiger Faktor ist in diesem Zusammenhang aber ebenfalls die mögliche Zeitersparnis, weil der Einkauf im Supermarkt nicht mehr notwendig ist. Für die KEP-Dienste bedeutet das ein höheres Aufkommen an kleinteiligen Sendungen an die privaten Haushalte.
Als Herausforderung für die Verteilungsprozesse erweist sich neben der größeren Zahl der Sendungen auch deren Inhalt. Vor allem bei Lebensmitteln, die gekühlt oder gefroren sind, spielen Kühlketten und die Zeit eine zentrale Rolle. Dazu gibt es zwei unterschiedliche Ansätze:
Die zweite Variante bietet den Verbraucher*innen außerdem die vielfältigsten Möglichkeiten, wie sie ihren Einkauf gestalten wollen. Im Multi- oder Omni-Channel-Handel verlaufen die verschiedenen Vertriebswege parallel beziehungsweise sie überschneiden sich.
So kann ein Online-Einkauf über ein mobiles Gerät abgeschlossen werden, die Waren können anschließend in der Filiale abgeholt werden – um nur ein Beispiel für die Abläufe im Multi/Omni-Channel-Handel aufzuzeigen. Damit diese Prozesse reibungslos funktionieren, braucht es einerseits die richtigen technischen Voraussetzungen, also unter anderem die lückenlose Verbindung von online- und offline.
Der Vertrieb muss andererseits auf Flexibilität und Schnelligkeit ausgelegt sein und gleichzeitig zuverlässig arbeiten. Die Logistik hat daran einen erheblichen Anteil.
Besonders deutlich wird das beim „Click & Collect“-Prinzip. Das erlaubt es den Verbraucher*innen, online gekaufte Waren kurzfristig in einer Filiale abholen zu können. Der Vorteil gegenüber dem reinen Online-Handel besteht in der verkürzten Wartezeit.
Die Herausforderung für den stationären Handel besteht wiederum auf mehreren Ebenen:
Funktionieren kann das nur mit einer entsprechend schnellen Lieferzeit, die wiederum durch eine kontinuierliche Versorgung mit Waren ermöglicht wird, auf Grundlage der Nachfrage der Verbraucher*innen. Daraus resultiert allerdings eine sehr viel höhere Lieferfrequenz, als dies beispielsweise im regulären stationären Einzelhandel der Fall wäre.
Für den städtischen Verkehr bedeutet das Konzept insgesamt eine Mehrbelastung. Zu dem erhöhten Aufkommen an Lastverkehr und KEP-Fahrten für die Belieferung der Filialen kommt außerdem die private Abholung hinzu. Wie schwer diese wiegt, hängt wesentlich von den Mobilitätsformen ab, die die Kund*innen zu diesem Zweck nutzen.
Verkehrsentlastende Alternativen bestehen zwar prinzipiell, sind aber womöglich nicht in jeder Situation geeignet – etwa für größere Einkäufe und/oder Waren, die sich zu Fuß oder mit dem Fahrrad nicht transportieren lassen.
Ähnliche Herausforderungen entstehen im Übrigen auch durch andere Lieferangebote, die für eine beschleunigte Belieferung der Endkund*innen sorgen sollen. „Same Day Delivery“ oder „Same Hour Delivery“ bedeuten zwar für die Verbraucher*innen, dass sie die gekauften Produkte quasi umgehend erhalten.
Für die Logistik ergibt sich allerdings die Problematik, dass solche Lieferungen im Grunde nur als Einzelsendungen behandelt werden können – eine ebenso praktische, ökonomisch wie ökologisch sinnvolle Bündelung mehrerer Sendungen ist nahezu nicht realisierbar.
Die Anforderungen an den Güterverkehr und an die urbane Logistik steigen, das liegt nicht allein am Wandel des Handels und den daraus resultierenden Trends. Die Bundesvereinigung Logistik (BVL) hat die Kernaspekte in ihrem „Dossier Urbane Logistik“ zusammengetragen, die sich auf aktuelle und zukünftige Entwicklungen des Güterverkehrs in den Städten auswirken.
Zuwanderung in die Städte hält weiter an, aus verschiedenen Gründen. In erster Linie sind es bessere Bildungs- und Arbeitsmarktchancen, also ökonomische Überlegungen, aufgrund derer immer mehr Menschen in die Städte ziehen und dort bleiben.
Der Trend hält nach Beobachtungen des United Nations Department of Economic and Social Affairs (UN DESA) inzwischen seit einigen Jahrzehnten an. Mehr als drei Viertel der Menschen in Deutschland leben bereits im städtischen Umfeld, bis 2050 könnte der Anteil sogar bei fast 85 Prozent liegen.
Folge: Die urbane Logistik steht dadurch vor der Herausforderung, eine größer werdende Zahl an Menschen versorgen und (noch) mehr Lieferungen leisten zu müssen. Was grundsätzlich möglich ist, aber vor dem Hintergrund eines weiteren Aspekts betrachtet werden muss.
Wachsende Städte bedeuten eine Zunahme des Individualverkehrs in mehrfacher Hinsicht: Denn nicht nur die Stadtbevölkerung selbst sorgt für ein höheres Verkehrsaufkommen, sondern genauso Berufspendler*innen. Sie machen in manchen deutschen Städten (etwa Frankfurt am Main, Düsseldorf, Mannheim oder Stuttgart) rund 60 Prozent der dort Beschäftigten aus. Auch hier ist die Tendenz steigend. Was das wiederum für die urbane Verkehrsinfrastruktur heißt, lässt sich an Zahlen des Statistischen Bundesamtes ablesen:
Hinzu kommt, dass das Auto in der Alltagsmobilität nach wie vor eine Hauptrolle spielt und häufiger als jede andere Form der Fortbewegung (37 Prozent) täglich genutzt wird.
Folge: Es entsteht ein hohes Verkehrsaufkommen, dem die vorhandenen Verkehrsinfrastrukturen in vielen Fällen nicht gerecht werden können – mit entsprechend hohen Stauwartezeiten, von denen insbesondere Ballungszentren betroffen sind. Der Güterverkehr selbst trägt dazu natürlich bei und steht damit vor der Frage, wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit bei den Lieferungen langfristig gewährleistet werden können.
Für die Verbraucher*innen gehören kostenfreier Versand und Sendungsverfolgung zwar zu den wichtigsten Kriterien beim Online-Kauf. Doch auch der umweltfreundliche Versand gewinnt an Bedeutung und ist laut einer PwC-Studie („Aufbruch auf der letzten Meile. Neue Wege für die städtische Logistik“) für immerhin 61 Prozent ein wichtiger Entscheidungsgrund.
Folge: KEP-Dienste und Güterverkehr müssen sich einerseits auf die veränderte Erwartungshaltung der Konsument*innen einstellen, für die Umweltverträglichkeit eine feste Größe bei Kaufentscheidungen wird – sowohl bei der Produktauswahl als auch bei der Lieferung.
Andererseits muss die urbane Logistik auf ökologische Entwicklungen und die politischen Folgen reagieren. Das gilt vor allem im Hinblick auf Emissionen im Straßenverkehr, für die etwa das Pariser Klimaschutzabkommen bis 2020 eine Senkung um 40 Prozent gefordert hatte. Der Güterverkehr ist in puncto Belastungen mit Stickstoffoxiden, Feinstaub etc. ein Teil des Gesamtproblems. Vor dem Hintergrund des stetig wachsenden Lieferaufkommens sind umweltverträglichere Lösungsansätze daher geboten.
Neue Logistiksysteme müssen daher mehr als jemals zuvor eine schwierige Gratwanderung schaffen:
Ein Beispiel für die häufige Diskrepanz wird bei Hub-and-Spoke-Systemen sichtbar. Im Sammelgutverkehr helfen diese Systeme, die Auslastung der Transportfahrzeuge auf dem Weg zu ihren Zielorten (Spokes) zu optimieren. In den Hubs können die auszuliefernden Güter vorsortiert und bestmöglich auf die Fahrzeuge verteilt werden.
Hierin liegt gleichzeitig ein Nachteil des Systems: Die Größe der Sortier- und Verteilanlagen der Hubs basiert auf zwei Variablen – dem verfügbaren Zeitfenster und der zu erwartenden Spitzenlast. Wird letztere nicht erreicht, arbeiten die Anlagen nicht wirtschaftlich. Sie beanspruchen zudem Platz, der in den Städten knapp ist.
Ein zusätzlicher Nachteil besteht in möglichen Umwegen bei Transporten „gegen die Fracht“, also entgegen der Zielrichtung. Passieren kann dies, wenn Güter zuerst – zwecks Umverteilung – in das Hub geliefert werden, obwohl das Lieferziel auf diesem Weg näher gelegen hätte. Diese fehlende Flexibilität verursacht somit längere Transportstrecken
Der Hub-and-Spoke-Ansatz bleibt trotz seiner Nachteile eine mögliche Lösung für die die städtische Logistik. Eine Verbindung von größeren Hubs, die außerhalb der Ballungsgebiete liegen und kleineren „Micro-Hubs“ in den Innenstädten erlaubt beispielsweise mehr Flexibilität und bringt Lieferungen näher an ihren Zielort.
Ähnliches lässt sich durch den Einsatz von Elektrofahrzeugen oder Lastenrädern für die Feinverteilung auf der letzten Meile erreichen, weil die Lieferwege dadurch verkürzt werden. Theoretisch könnten die Kommunen umweltfreundliche Lieferfahrzeuge sogar zur Bedingung machen, um Emissionen in den Innenstadtbereichen zu reduzieren.
Die oben genannte PwC-Studie zeigt aber zugleich die Grenzen dieses Lösungsansatzes auf, die vor allem durch das städtische Platzproblem gesetzt werden: Denn auch kleinere Hubs benötigen Raum – für Lagerflächen, für Liefer- und Ladezonen sowie für Halteflächen.
Noch schwieriger wird die Situation vor dem Hintergrund des Wettbewerbs in der KEP-Branche mit vielen Anbietern. Die Studienverfasser*innen schlagen daher kooperative Ansätze vor. Auf dieser Grundlage könnten effizientere Distributionssysteme umgesetzt werden, die gleichzeitig weniger Fläche verbrauchen.
Ein weiteres Problem, dass sich aus dem Wettbewerb innerhalb der Branche ergibt, wäre damit trotzdem nicht gelöst. Die Anwesenheit mehrerer KEP-Dienstleister ergibt redundante Verteilungsstrukturen. Das heißt, dieselben Zielgebiete – häufig sogar dieselben Kund*innen – werden täglich von mehreren Fahrzeugen angefahren.
Die Schwierigkeit besteht darin, einerseits den beschriebenen Ansprüchen der Empfänger*innen (schnelle Lieferung, auch von kleinteiligen Sendungen) gerecht zu werden und andererseits eine ökologisch wie ökonomisch sinnvolle Bündelung von Lieferungen zu realisieren.
Perspektivisch betrachtet dürfte der Wettbewerb selbst das größte Hindernis für engere und langfristige Kooperationen zwischen verschiedenen KEP-Dienstleistern sein. Das zeigt sich seit längerer Zeit am Beispiel vorhandener Urbaner Konsolidierungszentren, die ähnlich funktionieren wie die Depots in Hub-and-Spoke-Systemen.
Die Vorteile von Logistikzentren sind daher ähnlich:
Der Konkurrenzdruck innerhalb der Branche hat häufig dazu geführt, dass derartige gemeinschaftlich genutzte Einrichtungen keine langfristige Lösung darstellen.
Kooperationen oder Kollaborationen sind nur eine Möglichkeit, um die urbane Logistik auf organisatorischem Weg ökonomisch und ökologisch effizienter zu gestalten. Organisatorische Veränderungen sind außerdem nur ein Bereich, in dem der Güterverkehr in den Städten optimiert werden kann. Sowohl auf technischem wie auch stadträumlichem und stadtplanerischem Gebiet sind Anpassungen möglich.
Wichtige Synergieeffekte, die verschiedene problematische Aspekte der Logistik nachhaltig verbessern können, lassen sich nur durch Kombinationen verschiedener Teillösungen erzielen. Um einmal mehr das Beispiel der Hub-and-Spoke-Systeme aufzugreifen:
Weitere organisatorische Optionen beschäftigen sich schwerpunktmäßig mit der Art der Zustellung. Hierbei spielen zwei Fragen eine besondere Rolle:
Das Problem der Zeitverluste ließe sich möglicherweise durch Nachtzustellungen lösen, zumindest bei der Belieferung des Einzelhandels oder von Zwischenlagern. Ein Teil des Lieferverkehrs könnte dadurch außerhalb der Hauptverkehrszeiten abgewickelt werden. Das bedeutet eine Entlastung des Straßenverkehrs am Tag und schnellere Anlieferzeiten für den Güterverkehr.
Ohne Nachteile ist diese Lösung allerdings nicht:
Zu klären ist außerdem die Frage, wie die gelieferten Güter am Bestimmungsort untergebracht werden können: Gibt es vom Verkaufsraum getrennte Lagermöglichkeiten, haben die Fahrer*innen dort Zutritt, muss ein*e Mitarbeiter*in für die Annahme anwesend sein?
Für eine reibungslose und möglichst geräuscharme Nachtzustellung müssen daher unter Umständen zuerst die nötigen Voraussetzungen geschaffen werden. Der Einsatz von Elektrofahrzeugen, geräuschmindernde Bodenbeläge und Palettenwagen sowie ähnliche Maßnahmen könnte dabei nicht nur im Hinblick auf die einzuhaltenden Richtwerte helfen – sondern genauso im Bezug auf das Verständnis von Anwohner*innen.
Um die Quote für Erstzustellungen zu verbessern – und gleichzeitig die Zufriedenheit der Kund*innen zu erhöhen –, verwenden KEP-Dienstleister bereits dynamische Adresszustellungen. Die Empfänger*innen können so aktiv beeinflussen, wo und wann sie eine Lieferung erreicht. Ansonsten können Alternativen angegeben werden, beispielsweise Nachbar*innen, Paketshops oder Paketstationen.
Technologische Veränderungen können dem Güterverkehr und der urbanen Logistik in verschiedenen Bereichen helfen. Naheliegend ist beispielsweise die Umstellung auf elektrisch betriebene Fahrzeugflotten, insbesondere für die Auslieferung in den Städten.
Tatsächlich wächst die Zahl von Elektronutzfahrzeugen gerade in der KEP-Branche immer stärker an. Allerdings machten sie bis 2016 nach Angaben des Bundesverbandes Paket & Expresslogistik e.V. (BIEK) nur einen Bruchteil der KEP-Flotte aus:
Für die niedrige Quote gibt es aber Gründe, der wichtigste ist das Fehlen KEP-geeigneter Fahrzeuge mit Elektro-Antrieb. Dabei haben diese durchaus das Potenzial, sowohl im Zustellverkehr wie auch im Verteilverkehr eingesetzt zu werden.
3 Prozent
der Fahrzeuge in der KEP-Branche waren im Jahr 2016 elektrisch betrieben –
der Anteil von Lieferfahrzeugen mit Verbrennungsmotor lag hingegen bei 96 Prozent.
Weitere Hemmnisse sind aus den allgemeinen Debatten um eine stärkere Ausbreitung der Elektromobilität bekannt: Die Kosten für die Anschaffung der Fahrzeuge und die notwendige Ladeinfrastruktur in den Depots müssen gegen die Zielvorgabe der Wirtschaftlichkeit abgewogen werden. Von Seiten der Politik wurden unter anderem mit einer möglichen Sonderabschreibung sowie einer vergünstigten Besteuerung für gewerblich genutzte Lieferfahrzeuge (beide gültig bis 2030) wichtige Anreize für eine Stärkung der Elektromobilität im Güterverkehr gesetzt.
Fahrverbote für Verbrenner in den Innenstadtlagen dürften außerdem dazu führen, dass die KEP-Unternehmen in Zukunft verstärkt auf Elektrofahrzeuge setzen.
Was die urbane Logistik in puncto stadträumliche Maßnahmen in erster Linie beeinflusst, ist der verfügbare Platz. Während Urbane Konsolidierungszentren in dieser Hinsicht eine verhältnismäßig praktikable Lösung darstellen, da diese keine Fläche in den Städten beanspruchen, erweist sich die Umsetzung von (Mikro-)Depots und Ladezonen als schwierig:
Sie bedeuten, dass die Zieladressen leichter erreicht werden können – vor allem ohne das störende Parken in zweiter Reihe.
Sie sind zwar eine ideale Voraussetzung, um innerstädtische Bereiche auf kurzen Wegen mit umweltfreundlichen Lastenrädern zu beliefern.
Dadurch müsste jeder Anbieter seine eigenen Depots in der Stadt installieren – was den Flächenbedarf entsprechend vervielfacht. Selbst, wenn die notwendige Fläche vorhanden wäre, so müsste der Güter- und Lieferverkehr immer noch mit zahlreichen anderen Nutzungen (als Bauplatz, Parkplatz, Freifläche, Grünfläche etc.) konkurrieren.
Während der Wettbewerb für den Einzelhandel und die Endkund*innen im Hinblick auf die Preisstrukturen einen enormen Vorteil darstellen, ist die Konkurrenz innerhalb der Branche vor allem auf der so wichtigen letzten Meile das größte Hindernis. Eine effizientere, nachhaltigere urbane Logistik bleibt daher eine Herausforderung – und zwar eine, die auf absehbare Zeit stetig wachsen wird.
Quellen:
Agora Verkehrswende: Ausgeliefert – wie die Waren zu den Menschen kommen. Zahlen und Fakten zum städtischen Güterverkehr.
https://www.stiftung-mercator.de/media/downloads/3_Publikationen/2019/2019_09/Agora-Verkehrswende_staedtischer-Gueterverkehr_03.pdf
Dies.: Liefern ohne Lasten. Wie Kommunen und Logistikwirtschaft den städtischen Güterverkehr zukunftsfähig gestalten können.
https://static.agora-verkehrswende.de/fileadmin/Projekte/2019/Staedtischer-Gueterverkehr/Agora-Verkehrswende_Liefern-ohne-Lasten_1-1.pdf
Bundesverband Paket- & Expresslogistik (BIEK): KEP-Studie 2020 – Analyse des Marktes in Deutschland.
https://www.biek.de/files/biek/downloads/papiere/BIEK_KEP-Studie_2020.pdf
Ders.: Deutlich weniger Emissionen, deutlich mehr Elektrofahrzeuge.
https://www.biek.de/presse/meldung/deutlich-weniger-emissionen-deutlich-mehr-elektrofahrzeuge.html
Bundesvereinigung Logistik (BVL): Dossier Urbane Logistik.
https://www.bvl.de/dossiers/urbane-logistik/urbane-logistik-2018
Deutschland Mobil 2030: Neue Lösungen für den innerstädtischen Lieferverkehr.
https://www.deutschland-mobil-2030.de/blog/neue-loesungen-fuer-den-innerstaedtischen-lieferverkehr
Handelsverband Deutschland (HDE): Online Monitor 2020.
https://einzelhandel.de/index.php?option=com_attachments&task=download&id=10433
Kraftfahrt-Bundesamt (KBA): Verkehr deutscher Lastkraftfahrzeuge – Inländerverkehr.
https://www.kba.de/DE/Statistik/Kraftverkehr/deutscherLastkraftfahrzeuge/verkehrdeutscher_inhalt.html;jsessionid=C08E7D89BC25FD49B2D3BA2C49DC08D7.live21302?nn=2351604
PwC: Aufbruch auf der letzten Meile. Neue Wege für die städtische Logistik.
https://www.pwc.de/de/transport-und-logistik/pwc-studie-aufbruch-auf-der-letzten-meile.pdf
Randelhoff, Martin: Einflussgrößen auf die Entwicklung des innerstädtischen Lieferverkehrs.
https://www.zukunft-mobilitaet.net/168752/analyse/wachstumstreiber-staedtischer-lieferverkehr-kep-paketaufkommen/
Ders.: Organisatorische, technische und stadträumliche Ansätze zur Bewältigung des steigenden Paketaufkommens im städtischen Umfeld.
https://www.zukunft-mobilitaet.net/168827/konzepte/organisatorische-technische-und-stadtraeumliche-ansaetze-zur-bewaeltigung-des-steigenden-paketaufkommens-im-staedtischen-umfeld/
Statistisches Bundesamt (DESTATIS): Transport und Verkehr.
https://www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Jahrbuch/jb-transport-verkehr.pdf?__blob=publicationFile
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