Sie müssen den Inhalt von reCAPTCHA - 4WP laden. Dieser Dienst schützt Websites vor Bots. Dieser Dienst sammelt und analysiert die Interaktionen eines Benutzers auf der Website und erstellt eine Punktzahl, die auf verdächtiges Benutzerverhalten hinweist.
Mehr InformationenDie Entwicklung innerhalb von Städten verläuft sehr unterschiedlich. Das lässt sich oft deutlich an den einzelnen Stadtteilen ablesen: Auf der einen Seite entstehen beliebte Szeneviertel, auf der anderen Seite „Problemviertel“. Um dieser Polarisierung entgegenzuwirken, wurde vor 20 Jahren das Städtebauförderungsprogramm „Soziale Stadt“ ins Leben gerufen. Damit sollten all jene Stadt- und Ortsteile eine Aufwertung erfahren, die städtebaulich, wirtschaftlich, sozial und strukturell hinter anderen Bezirken zurückgeblieben waren.
Aber es geht auch um mehr als Investitionen: Das Programm beinhaltet einen integrierenden Ansatz und will die gesetzten Ziele – lebendige Nachbarschaften und mehr sozialen Zusammenhalt in den betroffenen Quartieren – durch die aktive Mitgestaltung der Bewohner erreichen.
Trotz Überschneidungen bei der Zielsetzung und den Inhalten sind Quartiersmanagement (QM) und Gemeinwesenarbeit (GWA) keineswegs gleichzusetzen. Die GWA wird als Bestandteil des umfassenderen QMs verstanden, die Unterschiede lassen sich vereinfacht so zusammenfassen:
Die GWA übernimmt innerhalb der Integrierten Stadtentwicklung sozusagen die Fürsprecherrolle für die Bewohner gegenüber Vertretern aus Politik, Verwaltung, Wohnungswirtschaft etc.
Das QM beinhaltet planerische Aufgaben sowie die Bearbeitung und Begleitung von investiven und nichtinvestiven Maßnahmen.
Anders ausgedrückt, steht das QM für einen top-down-Ansatz, bei dem die Grundlagen und Ziele für die weitere Arbeit u.a. auf der Ebene der Kommunalpolitik getroffen werden. Demgegenüber ist die GWA ein bottom-up-Konzept, das die Interessen und Bedürfnisse der betroffenen Menschen in den Mittelpunkt der Arbeit stellt – und diesen Menschen auch die Gelegenheit gibt, ihre Belange selbst vorzubringen.
Im Grunde handelt es sich um zwei sozialräumliche Strategien, die auf unterschiedlichen Wegen dasselbe Ziel suchen. Die GWA sieht ihre Herkunft in der sozialen Arbeit, richtet sich dabei aber nicht an einzelne Individuen, sondern an den gesamten Stadtteil. Gleichwohl gilt es natürlich, möglichst jeden Bewohner eines Stadtteils zu aktivieren, um die gewünschten Verbesserungen herbeiführen zu können.
Eine dieser Verbesserungen besteht darin, den Bewohnern die Möglichkeiten aufzuzeigen, ihre Lebensverhältnisse in die eigenen Hände zu nehmen und zu politisch aktiv Handelnden zu werden. Dazu gehört auch, kollektive Lösungswege zu erarbeiten, mit denen die Menschen die speziellen Lebensumstände in ihrem Quartier bewältigen können.
Methodisch greift die GWA dabei auf verschiedene Instrumente zurück:
Aus der sozialen Arbeit wurden z.B. Beratungen, Gruppenarbeiten und ähnliches übernommen.
Aus der Sozialforschung sind u.a. aktivierende Befragungen und Sozialraumanalysen eingeflossen.
Aus dem politischen Bereich stammen Öffentlichkeitsarbeit, Bürgerversammlungen, Aktionen etc.
Deshalb bietet die GWA zugleich die methodischen und fachlichen Grundlagen, mit denen Teilhabe und partizipatives Handeln in der Praxis ermöglicht werden können. Diese sind in der Integrierten Stadtentwicklung ohnehin explizit vorgesehen.
Die Prinzipien der GWA lassen sich auch in den Ansätzen des QMs wiederfinden, es geht insgesamt um drei zentrale Bereiche:
QM soll sozialräumlich und ganzheitlich gedacht werden, also nicht die Einzelversorgung in den Mittelpunkt von möglichen Maßnahmen stellen, sondern den sozialen Lebensraum als Ganzen.
Die damit angestrebte Verbesserung des Lebensumfelds kann aber nicht alleine gelingen, sie braucht die Kooperation und Vernetzung möglichst aller lokalen Akteure.
Dazu müssen die Betroffenen und die vor Ort verfügbaren Ressourcen ebenfalls eingebunden werden. Eine bedarfsgerechte Weiterentwicklung des Quartiers erfolgt also partizipativ und ressourcenorientiert.
So lautet auch der Anspruch, den das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) in seiner Arbeitshilfe „Quartiersmanagement Soziale Stadt“ formuliert. Nach dem Verständnis des Programms für die Soziale Stadt vereint das QM sogar seine Herangehensweise mit der der GWA: Es soll einerseits die „Maßnahmen des politisch gesteuerten Verwaltungshandelns“ umsetzen, andererseits ist es aber genauso „Ansprechpartner für die Menschen und Institutionen im Quartier und transferiert deren Belange und Bedürfnisse zur Berücksichtigung in Richtung Politik und Verwaltung“.
Daneben ist das QM verantwortlich dafür, die notwendigen Impulse zu geben, die es für eine aktive, gemeinschaftlich handelnde Quartiersbewohnerschaft braucht. In der Praxis ist es jedoch nicht immer so selbstverständlich, dass die GWA wie hier beschrieben im QM aufgeht. Vielmehr lässt sich beobachten, dass die Zusammenarbeit mit den Bewohnern stark auf einzelne, konkrete Projekte und städtebauliche Umsetzungen fokussiert ist.
Daraus ergibt sich allerdings die Frage, wie nachhaltig ein solches Vorgehen sein kann, wenn das Ziel ein langfristiges, permanentes und verstärkt eigenverantwortliches Handeln in den Quartieren ist. Denn letztlich ist das QM so ausgelegt, dass es in seiner finalen Phase, der Verstetigung, nur noch als Stabilisator und Unterstützer fungiert.
Konkret heißt das, dass QM immer auch eine zeitliche Dimension hat und diese ist – übrigens genauso wie die örtliche – begrenzt. Eine dauerhafte Arbeit ist nicht beabsichtigt und wird, den Erfolg der ergriffenen Maßnahmen vorausgesetzt, auch nicht benötigt. Bis es jedoch möglich ist, sich mit dem QM weitestgehend aus den alltäglichen Entwicklungen eines Stadtquartiers zurückziehen zu können, vergeht eben auch Zeit.
Wie viel Zeit der Abschluss des QM-Entwicklungsprozesses braucht, ist jedoch von einer Vielzahl an Faktoren abhängig, die sich den jeweiligen lokalen Strukturen – sozial wie städtebaulich – und der ihnen eigenen Dynamik ergeben. So lassen sich zwar verschiedene Phasen voneinander abgrenzen. Wie lange diese jedoch im einzelnen dauern, variiert von Quartier zu Quartier.
Die erste Phase markiert den Einstieg des QM in die Lebensumgebung des Quartiers. In diesem Stadium geht es daher darum, das QM vor Ort zu etablieren, damit es seine späteren Aufgaben wahrnehmen kann.
Die Startphase ist dementsprechend eine „Kennenlernphase“, in der der Kontakt zu den Bewohnern und Akteuren aufgebaut wird. Kleinere Maßnahmen, von Festen bis zu Pflanzaktionen, schaffen Möglichkeiten der Begegnung und erleichtern den Zugang. Das Vorgehen entspricht dabei dem der GWA: Um möglichst viele Bewohner gleichzeitig ansprechen zu können, werden Aktivitäten angeboten, in denen die unterschiedlichen Interessen in einem gemeinsamen Punkt zusammenlaufen.
Gleichzeitig kann sich das QM bei diesen Gelegenheiten als Anlaufstelle und Ansprechpartner für die konkreten Probleme und Bedürfnisse im Quartier präsentieren. Das Netzwerken prägt die Startphase daher wesentlich.
In der zweiten Phase, wenn es um die Umsetzung geplanter und/oder erarbeiteter Maßnahmen für das Quartier geht, kommen dem QM verschiedene Aufgaben zu. Diese bringen ihre jeweils besonderen Herausforderungen mit sich.
Als Vermittler sorgt das QM dafür, unterschiedliche Interessengruppen und Einrichtungen für das gemeinsame Ziel der Quartiersverbesserung zusammenzubringen. Die Notwendigkeit dazu besteht nicht nur wegen der sehr verschiedenen sozialen und wirtschaftlichen Voraussetzungen, die die einzelnen Gruppen für ein derartiges Vorhaben mitbringen. Es geht auch darum, einen fachlichen (bezogen auf professionelles Know-how) und räumlichen (etwa bezogen auf die Erfahrungswerte der Bewohner) Austausch anzuregen.
Eine Schwierigkeit der Moderationstätigkeit besteht darin, einerseits in den vorgegebenen Grenzen des Quartiers zu handeln, andererseits aber mögliche Konsequenzen durch bzw. auf übergreifende Strukturen zu berücksichtigen, Das Quartier bleibt nun einmal ein Teil der Stadt, ist insofern also auch von Entwicklungen betroffen, die sich gesamtstädtisch auftun. Umgekehrt hat die Arbeit im Viertel natürlich auch Außenwirkung. Die bekannteste dürfte die vielfach zu beobachtende Gentrifizierung früherer „Problembezirke“ sein, weil diese plötzlich als Lebensumgebung für neue Menschen attraktiv werden. Solche Folgen gilt es in der Umsetzungsphase zu vermeiden.
Deshalb fungiert das QM gleichzeitig als „Kümmerer“, damit die Bedürfnisse der Bewohner bei allen Maßnahmen im Fokus bleiben. Dabei geht es auch darum, die Balance zu finden zwischen zwangsläufiger Professionalisierung der Projektarbeit – nicht zuletzt wegen des formalen Aufwands – und Beteiligungsmöglichkeiten, damit die Bewohner nicht von der Mitarbeit und Mitgestaltung ausgeschlossen werden.
Hier, wie auch in anderen Bereichen, tritt das QM als Stratege auf oder bietet zumindest Unterstützung dabei, sinnvolle Strategien für das weitere Vorgehen zu entwickeln. Auf dieser Grundlage kann das QM dann als wichtiger Impulsgeber agieren, der gleichzeitig die Auswirkungen möglicher Folgen für die Bewohner abschätzt und abmildert.
Sobald die Entwicklung der gemeinschaftlichen Strukturen und Netzwerke die notwendige Stabilität erreicht haben, kann sich das QM aus dem Viertel zurückziehen. Die Schwierigkeit besteht darin, dass das Quartier selbstverständlich zu jedem Zeitpunkt des Prozesses als dynamisches System verstanden werden muss.
Deswegen ist die Arbeit des QMs ebenfalls prozesshaft angelegt, weshalb sich automatisch die Frage ergibt, wann denn ein Ausstieg wirklich möglich und sinnvoll ist. Antworten soll ein regelmäßiges Monitoring erlauben, das sich an verschiedenen Indikatoren orientiert:
Besonders die beiden letzten Punkte hängen aber stark davon ab, ob hierfür die benötigten Gelder aufgebracht werden können. Denn die damit verbundenen Aufgaben werden für den Zeitraum des QM-Prozesses aus Mitteln bezahlt, die das Förderprogramm Soziale Stadt bereitstellt. Alleine die Öffentlichkeitsarbeit, die auf diejenigen Akteure zukommt, welche die Aufgaben des QMs übernehmen, ist aber mit Kosten verbunden.
Die Verstetigung kann entsprechend nur gelingen, wenn sie von allen Beteiligten im Quartier, also auch von der kommunalen Verwaltung, mitgetragen wird. Nur durch die gemeinschaftliche Anstrengung ist ein nachhaltiger, langfristiger Veränderungsprozess möglich.
Quellen:
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB): Quartiersmanagement Soziale Stadt. Eine Arbeitshilfe für die Umsetzung vor Ort,
https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/bauen/wohnen/soziale-stadt-quartiersmanagement.pdf?__blob=publicationFile&v=2
Oelschlägel, Dieter: Gemeinwesenarbeit – Chancen, Möglichkeiten, Voraussetzungen,
https://www.stadtteilarbeit.de/gemeinwesenarbeit/grundlagen/gemeinwesenarbeit-chancen-moeglichkeiten-und-voraussetzungen
Riede, Milena: Gemeinwesenarbeit und das Städtebauförderprogramm Soziale Stadt. Ein Beitrag zur Bestandsaufnahme,
https://www.vhw.de/fileadmin/user_upload/08_publikationen/verbandszeitschrift/FWS/2017/4_2017/FWS_4_17_Gemeinwesenarbeit_und_Soziale_Stadt_M._Riede.pdf
Walz, Susanne/Kunze, Julia: Was kann Quartiersmanagement vor Ort leisten und wen braucht es dazu?
https://www.vhw.de/fileadmin/user_upload/08_publikationen/verbandszeitschrift/FWS/2015/6_2015/FWS_6_15_Walz_Kunze.pdf
Bilder:
Bild 1: Adobe Stock © ArTo
Bild 2: Adobe Stock © ArTo
Bild 3: Adobe Stock © Emmanuel
Parc d’Activité Syrdall 48, rue Gabriel Lippmann L-6947 Niederanven FON +352.28 67 65 01 FAX +352.28 67 65 20 shop@abes-online.com
Sie müssen den Inhalt von reCAPTCHA laden, um das Formular abzuschicken. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten mit Drittanbietern ausgetauscht werden.
Mehr Informationen