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Mehr InformationenTempo 30 in Städten gilt als eine ebenso einfache wie wirksame Maßnahme, um Verbesserungen in den Bereichen Umwelt, Klima, Gesundheit und Verkehr zu realisieren. Viele Kommunen in Deutschland wünschen sich deshalb mehr Handlungsspielraum bei der Umsetzung von Tempo 30 innerorts. Mit den Änderungen der Straßenverkehrsordnung können Städte und Gemeinden die Verkehrsplanung jetzt flexibler gestalten.
Städtische Verkehrsplanung ist ein komplexes Thema, weil sie die Balance zwischen Mobilität einerseits und Themen wie Umwelt- und Klimaschutz oder Gesundheit der Bevölkerung andererseits schaffen muss. Um Ziele wie höhere Lebensqualität in den Städten zu erreichen, betrachten zahlreiche Kommunen ein „stadt- und umweltverträgliches Geschwindigkeitsniveau im Kfz-Verkehr – auch auf den Hauptverkehrsstraßen“.
So formuliert es die Initiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden“, der inzwischen 1.124 Städte, Gemeinden, Landkreise und ein Regionalverband (Stand: Februar 2025) angehören. Seit Juli 2021 setzt sich die Initiative für attraktivere öffentliche Räume ein und wiederholt in diesem Zusammenhang immer wieder die Forderung nach mehr kommunaler Entscheidungsfreiheit bei der Anordnung von Höchstgeschwindigkeiten. Seit dem 11. Oktober 2024 sind die Handlungsspielräume zumindest größer geworden.
Schon mit der Entschließung „Sicherer Radverkehr für Vision Zero im Straßenverkehr“ vom 17. Januar 2020 hat der Bundestag die Möglichkeit festgehalten, „es Kommunen durch eine Änderung der gesetzlichen Vorgaben zu erleichtern, innerorts die Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo 30 km/h für ganze Straßen unabhängig von besonderen Gefahrensituationen anzuordnen“.
Ähnliche Überlegungen wiederholte auch die Verkehrsministerkonferenz im April 2021 zur „Sicherheit und Attraktivität des Fußverkehrs“. Sie schlug vor, die StVO in § 39 so zu ergänzen, dass auch auf Vorfahrtsstraßen innerhalb geschlossener Ortschaften mit zulässigen Höchstgeschwindigkeiten von weniger als 50 km/h zu rechnen ist.
Schon 2022 wurde von der Verkehrsministerkonferenz eine Arbeitsgruppe zum Thema „Straßenverkehrs-Ordnung“ einberufen, deren Vorschläge anschließend vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) geprüft wurden. Das Bundeskabinett beschloss die Änderung der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften am 12. Oktober 2023. Am 5. Juli 2024 stimmte auch der Bundesrat zu.
Die neuen Regelungen betreffen Tempo 30, das Bewohnerparken, Sonderfahrspuren für verschiedene Mobilitätsformen, Bussonderfahrstreifen sowie Flächen für den Rad- und Fußverkehr. Von den damit verbundenen Möglichkeiten für die Verkehrsplanung können die Kommunen seit dem 11. Oktober 2024 Gebrauch machen. Seit diesem Zeitpunkt ist die neue Straßenverkehrsordnung (StVO) in Kraft.
Was die neue StVO jedoch weiterhin nicht vorsieht, ist eine flächendeckende Einführung von Tempo 30 in Städten. Die Richtgeschwindigkeit innerorts bleibt damit 50 km/h. Dennoch haben die Kommunen größere Handhabe, um Tempo-30-Zonen einzurichten.
Mit der Reformierung des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) wurde gleichzeitig die Grundlage für die Neuerungen in der nachgeordneten StVO gelegt. Diese enthält die konkreten Regelungen für die Anwendung der gesetzlichen Vorgaben vor Ort.
Insgesamt sind die neuen Regelungen in der StVO darauf ausgerichtet, dass lokale Entscheidungsträger bei der Verkehrsplanung mehr Handlungsspielräume erhalten. Dabei gilt aber grundsätzlich, dass die behördlichen Anordnungen immer verhältnismäßig sein müssen. Auch die Umsetzung von festgeschriebenen Regelungszwecken wie etwa für den Klima- oder Gesundheitsschutz dürfen sich nicht nachteilig auf die Sicherheit und den Fluss des Straßenverkehrs auswirken.
Aus diesem Grund wurde eine flächendeckende Tempo-30-Lösung für Straßen innerorts abgelehnt. Vor allem auf großen Durchgangsstraßen, die für Pendler und Lieferverkehr wichtig sind, soll der Verkehrsfluss möglichst nicht beeinträchtigt werden.
Trotz der Einschränkung einer flächendeckenden Einführung von Tempo 30 in Städten, bedeuten die neuen Regelungen durchaus erleichterte Bedingungen für die Kommunen. Aspekte wie Klima- und Umweltschutz, Gesundheit und städtebauliche Entwicklung können nun ausdrücklich zur Begründung von Entscheidungen zur Verkehrsplanung herangezogen werden.
Die Reform erleichtert außerdem die Einrichtung von Tempo-30-Zonen, wie von der Initiative „Lebenswerte Städte“, der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und anderen Verbänden gefordert. Geschwindigkeitsbegrenzungen sind im Zuge der Gesetzesnovelle in deutlich mehr Verkehrssituationen möglich.
Der Bundesrat hat in einer begleitenden Entschließung zudem auf die Bedeutung der „Vision Zero“ hingewiesen. Dieser Hinweis ist verbunden mit einer Bitte an die Bundesregierung, das Konzept explizit als Leitgedanken in der StVO zu verankern.
Die neue StVO hat sogenannte „hochfrequentierte Schulwege“ zu den Zonen hinzugefügt, die als Begründung für Tempo 30 dienen können. Schon vor der Änderung gehörte der unmittelbare Bereich um die Schule zu diesen Zonen. Zu klären ist daher noch, wie „hochfrequentiert“ auszulegen ist.
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e. V. (ADFC) rechnet für eine Klarstellung mit einer entsprechenden Verwaltungsvorschrift zur StVO. Die Aufführung eines Schulwegs im Schulwegplan einer Kommune oder Schule ist ein mögliches Indiz, aber nicht zwingend erforderlich, um die Voraussetzung „hochfrequentiert“ zu erfüllen. Es ist aber zu erwarten, dass Tempo 30 damit nicht nur an Querungen von Hauptstraßen, sondern im weiteren Verlauf von Schulwegen zulässig ist.
Die Reform weitet in erster Linie die Stellen im Straßenverkehr aus, an denen eine Begrenzung der Geschwindigkeit auf 30 km/h zulässig ist. Im Ausnahmenkatalog von § 45 Abs. 9 StVO heißt es beispielsweise zu Straßen des überörtlichen Verkehrs (d. h. Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) oder anderen Vorfahrtstraßen, dass „im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Fußgängerüberwegen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Spielplätzen, hochfrequentierten Schulwegen, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen, Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen oder Krankenhäusern“ eine Anordnung von Tempo 30 möglich ist.
Neu hinzugekommen sind in diesem Zusammenhang Fußgängerüberwege, Spielplätze, hochfrequentierte Schulwege und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung.
Innerhalb geschlossener Ortschaften wird Tempo 30 im Umfeld von sensiblen Einrichtungen durch die geltende Verwaltungsvorschrift zum Zeichen 274 StVO zur Regel. Es ist deshalb nicht mehr notwendig, dass kommunale Behörden eine besondere örtliche Gefahrenlage nachweisen müssen, um eine Tempo-30-Anordnung durchzusetzen. Im Wortlaut heißt es dazu:
„Innerhalb geschlossener Ortschaften ist die Geschwindigkeit im unmittelbaren Bereich von an Straßen gelegenen Kindergärten, -tagesstätten, -krippen, -horten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen für geistig oder körperlich behinderte Menschen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern in der Regel auf Tempo 30 km/h zu beschränken, soweit die Einrichtungen über einen direkten Zugang zur Straße verfügen oder im Nahbereich der Einrichtungen starker Ziel- und Quellverkehr mit all seinen kritischen Begleiterscheinungen (z. B. Bring- und Abholverkehr mit vielfachem Ein- und Aussteigen, erhöhter Parkraumsuchverkehr, häufige Fahrbahnquerungen durch Fußgänger, Pulkbildung von Radfahrern und Fußgängern) vorhanden ist. Dies gilt insbesondere auch auf klassifizierten Straßen (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) sowie auf weiteren Vorfahrtstraßen (Zeichen 306).“
Abgesehen von Vorfahrtstraßen, Spielplätzen und viel genutzten Schulwegen umfasst die Reform der StVO auch einen möglichen Lückenschluss zwischen zwei Geschwindigkeitsbegrenzungen. Bislang waren solche Anordnungen bei Abständen von bis zu 300 m möglich. Die bisherige Begrenzung eines Lückenschlusses war nur durch die Verwaltungsvorschrift zu Zeichen 274 StVO geregelt.
Mit der Neufassung der StVO können die Kommunen einen Lückenschluss von bis zu 500 m anordnen. Damit lassen sich deutlich längere Strecken zwischen zwei Tempo-30-Abschnitten zu einer einzigen Strecke verbinden. Die durchgängige Geschwindigkeitsbegrenzung soll zu einem besseren Verkehrsfluss beitragen.
Die Reform der StVO umfasst nicht nur Erleichterungen für Tempobeschränkungen, sie gibt den Kommunen in vielen anderen Bereichen der Verkehrsplanung mehr Möglichkeiten. Die wichtigsten Neuerungen betreffen:
Ein Abschaltverbot von Notbremsassistenten für Kraftfahrzeuge mit einem Gewicht von mehr als 3,5 t soll Anzahl und Schwere von Auffahrunfällen reduzieren. Für das Be- und Entladen von Fahrzeugen können Kommunen mit einem einheitlichen Verkehrszeichen für Ladebereiche entsprechende gesonderte Parkflächen kennzeichnen. Die neue StVO räumt den Städten und Gemeinden außerdem bis Ende 2028 ein befristetes Experimentieren mit Sonderfahrspuren für verschiedene Mobilitätsformen ein. Darunter fallen elektrisch oder mit Wasserstoff betriebene Fahrzeuge oder auch Fahrgemeinschaften.
Quellen:
Die Bundesregierung: StVO-Novelle. Ein Plus für Umwelt und Gesundheit
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/stvo-novelle-2023-2229430
Bundesrat: Straßenverkehrsordnung. Reform der Straßenverkehrsordnung bestätigt
https://www.bundesrat.de/DE/plenum/bundesrat-kompakt/24/1046/50.html?nn=20814930#top-50
Kommunal.de: Tempo 30 – das ändert sich für Kommunen
https://kommunal.de/tempo-30-strassenverkehrsgesetz-kommunen
Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e. V.: StVO-Novelle: Steckbrief Tempo 30
https://www.adfc.de/artikel/stvo-novelle-tempo-30
Deutscher Städtetag: Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten – eine neue kommunale Initiative für stadtverträglichen Verkehr
https://www.staedtetag.de/files/dst/docs/Dezernat-5/2022/2022-01-31-Positionspapier-Staedteinitiative-Tempo-30-Unterstuetzer-rein.pdf
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